Auftrags“selbst“mord in der Ukraine- Teil 2

(die Quellennachweise werden im letzten Teil der Serie gebündelt nachgereicht, weil ich den Artikel vor längerer Zeit angefangen und versäumt habe für Ordnung zu sorgen. In nachfolgendem Artikel überwiegend nur Querverweise zu weiteren Grübelstübchen-Texten)

Sterben… und sterben lassen“ – So oder ähnlich heißt es im Volksmund

Wo in den letzten Jahren viel gestorben wurde, und nach wie vor wird, ist die Ukraine. Das Land, welches vor fast drei Jahren die „Demokratie“ bekam, als Junge und Alte, Männner und Frauen, die ganze Bandbreite der ukrainischen Bevölkerung, sich auf dem „Maidan“ für den zivilisatorischen Fortschritt einsetzte. So zumindest das medial projizierte Bild in den westlichen Medien. Wie sich schon währenddessen jenseits der Röhre andeutete, aber nach und nach immer weiter erhärtete,  handelte es sich weniger um Demokratie und Fortschritt, als um einen mit großer Wahrscheinlichkeit von den USA angeschobenen wenn nicht gar durchgeführten Putsch, welcher dem Land nur eine neue korrupte Oligarchenschicht und eine Wiederbelebung des radikalen Nationalismus und Faschismus, und das mitten in Europa, einbrachte. Der Grundton in der deutschen Medienlandschaft trotzdem: das Land trieb in den Fortschritt.

Wer starb? Das haben wir im ersten Teil der Serie erfahren (siehe „Auftrags“selbst“mord in der Ukraine- Teil 1“ ). Ihre Vornamen waren Valentina und Olga, Sergej, Stanislaw und Alexej… Ein misslungenes Attentat, zehn tote Politiker der Partei der Regionen, fünf tote Medienschaffende, welche von den Behörden auffallend häufig mit Selbstmord diagnostiziert wurden. Der zweite Teil der Serie versucht den zweiten Teil des Ausspruchs, nämlich „sterben lassen“ , zu beantworten: „Wer lies sterben?“ . Weiterlesen

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Regierung Obama und Clinton – Die Schlange im Paradies

Schulden zu nehmen ist ökonomisch gesehen, nämlich in Rahmen von Investitionsprogrammen, gut. Dies mag für einen Deutschen unter Umständen schwer zu glauben sein, schliesslich hat sie oder er als obersten Beamten für Finanzen einen Schäuble sitzen, der unablässig von einer „Schwarzen Null“ quasselt und damit einen weitflächigen Verfall öffentlicher Schulen und Straßen in Auftrag gibt. Ab einer gewissen Höhe sind Schulden jedoch absoluter Käse. Verschuldet sich eine Generation immens und sorgt dabei nicht für ausreichende Verbesserungen, welche auf Dauer Geld einnehmen und die Lebensbedingungen verbessern, schiebt sie die Schuld an die nächsten Generationen weiter und erschafft auf diese Weise etwas ähnliches, was schon in den ersten Seiten der Bibel beschrieben steht: Erbsünden. Um diese loszuwerden werden noch ungeborene Kinder schuften müssen was das Zeug hält und auf gepflegte Straßen und Schulen verzichten, während sie dabei zuschauen können, wie die Schuldenuhr trotz dessen aufgrund von Zins und Zinseszins unablässig in die Höhe donnert.

https://www.sociobilly.net/images/geld_und_religion/schuldenuhr_usa_2_480.jpg

Die Schuldenuhr nach ungefähr  3 Jahren Obama. Innerhalb der nächsten 5 Jahre sollten sich die Schulen verdoppeln. Bildquelle: https://www.sociobilly.net/2011-08-05/staatsverschuldung-wegen-nachfragelucke/

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Erkenne und verändere dich selbst!

Erkenne dich selbst! „…Im alten Griechenland suchten die Leute das Orakel auf, um herauszufinden, welches Schicksal sie erwartete oder wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten sollten. Es ist anzunehmen, dass die meisten Besucher die Worte beim Eintritt in den Tempel lasen, ohne sich bewusst zu sein, dass sie eine viel tiefere Wahrheit enthielten als alles, was ihnen das Orakel sagen konnte.“

Zwei bis drei Jahrtausende später: „Erkenne dich selbst“ und „Verändere dich selbst“.

Diese zwei Sätze bergen großes Potential. Sie können die Welt verändern. Sie können die Welt zu einem besseren Ort machen. Sie können die Menschheit aus dem riesigen Schlamassel herausholen, in welches sie durch die Menschen gebracht wurde. Diese Worte in Taten umgesetzt, könnten sogar der einzige Weg sein, dauerhaft aus der derzeitigen Misslage herauszukommen. Weiterlesen

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Ein Emirat, Zwei Emirate, drei…

Wenn irgendwo, scheinbar aus dem Nichts, eine Terrororganisation entsteht, sind alle schockiert und empört. Fragen wie: „Wie konnte das passieren?“ werden schon nach kurzer Zeit überschattet von „Wie kann man nur so grausam sein?“ oder „Wir müssen sie bekämpfen! „. Weiterlesen

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Was bleibt von Kriegen übrig?

…Diese Frage, lieber Leser, stellten sich Karin Leukefeld und ihr Kollege Markus Matzel, sie kamen zu dem Schluss: Zerstörung, Leid, Krankheiten und Missbildungen. (Siehe Doku am Ende des Beitrags, Schluss von mir gedeutet)

Neben toxischem Uranstaub schwirren in ehemaligen und aktuellen Kriegsgebieten noch andere Teilchen fröhlich in der Gegend herum. So z.B. Blei.

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White Helmets – für den Nobelpreis nominierte Terroristen?

(Achtung, einige Bilder dieses Beitrags sind nichts für Menschen mit schwachen Nerven) Die White Helmets sind eine „humanitäre Hilfsorganisationen in Syrien“ (Wiki), die auch unter dem Namen Syria Civil Defense agiert. Man erkennt sie an ihren weißen Kleidern und insbesondere an den weißen Helmen.

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Aufgrund ihrer Tapferkeit und ihres Mutes in dem Syrischen Bürgerkrieg, wurden die White Helmets für den Nobelpreis nominiert. Auf der Nobelpresseite wird die Leistung der Helmets beschrieben:

„The White Helmets wake up every day to save the lives others are trying so hard to take. These volunteer rescue workers have saved 60,000 lives in Syria and for that, they are under constant attack. Unarmed and impartial, they have just been nominated for the 2016 Nobel Peace Prize. Stand in solidarity with them.“

Diese Leistung verdient Respekt und soll nicht runtergeredet werden. Doch da ein begründeter Verdacht besteht, dass es sich bei den White Helmets nicht um eine humanitäre Nicht-Regierungsorganisation handelt, sondern um ein (parteiisches) Instrument im Syrienkrieg, oder sogar um einen Teil einer Terrororganisation, muss die Rolle der White Helmets in Syrien kritisch beleuchtet werden. Es muss hinter die Selbstdarstellung (Link zu Twitter) geschaut werden. Weiterlesen

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Sonderausgabe der „Radioactive Times“

…zu lesen auf „Prezi“.

https://prezi.com/kliqgsc5xpif/radioactive-times/?utm_campaign=ending-bar-tryout&utm_medium=ending-bar&utm_source=prezi-view

Prezi.png

 

 

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10.000 vermisste Kinder *klick*/*umblätter*

Diese bürokratische Gleichgültigkeit kann nicht unsere moralischen Standards bestimmen. Wenn ein Hund verloren geht, verbreiten die Menschen dringliche Nachrichten auf ihren Facebook-Seiten. Doch wenn wir der größten Anzahl von vertriebenen Kindern seit dem Zweiten Weltkrieg begegnen, gehen wir in einer Unzahl von [bürokratischen] Institutionen unter. Das ist eine Schande.“- Hilde Vautmans (übernommen aus NDS, Link siehe unten)

 

Stimmt was nicht mit mir?

Warum wusste ich von den 10.000 vermissten Flüchtlingskindern in Europa und habe mich nicht empört?

Hab ich mich nicht empört? Ich erinner mich nicht mehr.

Aber ich erinner mich, dass ich über die 10.000 Kinder las.

Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich nicht empört hab.

Weil es ein Skandal ist.

Aber ich hab mich nicht empört. Ich hab weitergeklickt. Jetzt weiß ichs wieder. Weiterlesen

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Die Bundesregierung rät zur Katastrophenvorsorge…

…und die Medien berichten darüber. Welt, HuffingtonPost, Spiegel-Online, Südeutsche, Morgenpost, Nachrichten.de, und und und.

Die Nachricht verbreitet sich auch im Ausland. Anfragen aus der Verwandtschaft im Ausland erreichen mich: „Stimmt es, dass die deutsche Regierung zum Anlegen von Notreserven rät?„.

Über den Inhalt des 69-Seiten langen „Sicherheitskonzepts“ brauchen wir uns nicht zu unterhalten, dazu kann man besagte Zeitungsberichte lesen. Hier nur ein kurzer Gedanke zu dem Thema:

Handelt es sich um Panikmache oder um eine ernste Warnung vor einer Katastrophe? Weiterlesen

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Der entzückende Milan

(Facebook-Post vom Oktober 2015, hervorgekramt wegen dem german-foreign-policy-Artikel)

Unsere Kanzlerin Angelo Muerte ist „berührt“, dass Kurden ihre Kinder vermehrt Milan nennen, weil sie so „entzückt sind von der gleichnamigen Panzerabwehrrakete.“ Weiterlesen

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Wenn Friedhöfe nicht den Ansprüchen von dahergelaufenen „Konsumenten“ entsprechen…

… dann gibt’s eine schlechte Bewertung auf Google. Eine mittlere oder gute Bewertung von Friedhöfen kann dem Touristen bei der schwierigen Auswahl, bei der ganzen Reizüberflutung, die man in der besuchten Stadt so bewältigen muss, eine Stütze sein. Was würde man ohne einer scharfen Rezension des potentiellen Objekts der Begierde denn machen? …Sich verlaufen oder Gefahr laufen, „umsonst“ wohin gefahren zu sein. Und das darf nicht sein. Denn Zeit… Zeit… ist Geld!

St. Nikolai FreidhofSternenzahl noch nicht ermittelbar

„Den Friedhof muss man nicht unbedingt gesehen haben. „(2 Sterne) Weiterlesen

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„SUPERGAU“

Danach:

Unbenannt

Ambrosius Theis – BürgerInitiative gegen die atomare Bedrohung, Saarwellingen
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Flexibles Asylrecht? – Bedarfsanpassung des Asylrechts als politisches Mittel am Beispiel des Afghanistankonflikts in den 1980er Jahren

(Die volle Ausarbeitung gibt es hier. In der PDF-Datei gibt es noch keine Seitenzahlen und ein paar Rechtschreibfehler, welche bei Gelegenheit begradigt werden. Das hat damit zu tun, dass die ursprünglich fertige Version verlorengegangen ist und ich weite Teile mühsam rekonstruieren musste. Eine Lehre für die Zukunft. Nachfolgend die Einleitung und das Fazit) Weiterlesen

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Die Sonne fürs Leben, die Luft zum Atmen

Auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ steht ein riesiger LED-Bildschirm. Der Monitor zeigt den Sonnenaufgang, weil man die echte Sonne wegen des Smogs nicht mehr sehen kann…

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ChinaFotoPress / Getty Images, Time (Artikel)

An Touristenattraktionen werden Bilder von der Umgebung aufgestellt… weil man die Attraktionen wegen des Smogs nicht mehr sehen kann…

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Photo aus: Brisbane-Times

Wegen des Smogs kann man nicht nur `nicht sehen´, sondern auch `nicht atmen´. In der folgenden Photoreihe soll dies gezeigt werden. Weiterlesen

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Köpfung eines 13-jährigen Jungen durch US-finanzierte „moderate Rebellen“. ARD zeigt Michelle Obama, wie sie Beyoncé tanzt

„Sag uns, was er sich wünscht“.

„Erschossen zu werden, nicht geschlachtet“.

„Schlachte ihn!“

„Gib mir meine Waffe“.

„Warte, lass uns seinen Wunsch hören vor seinem Tod“.

Junge: „Erschossen zu werden“.

„Schlachten! Wir sind schlimmer als der IS“.

„Wo ist mein Messer Abo ali?“

„Ich habe das perfekte Messer, nur zum Schlachten“. (Geben sich Handschlag)

Dieser Dialog ereignete sich vor der Köpfung eines Jungen in der nordsyrischen Stadt Aleppo. Der Junge war zwischen elf und dreizehn Jahre alt. Die Hinrichtung wurde ausgeführt durch eine Gruppe, die sich Harakat Nour al-Din al-Zinki nennt. Die Gruppe gehört in die Sparte, die in unseren Medien gemeinhin „moderate Rebellen“ genannt wird (siehe „Western-made-failed-state und keine Sau interessierts„), sie wird durch die USA und die Türkei finanziell unterstützt und mit Waffen ausgerüstet… Weiterlesen

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Nach dem Maidan

Am 29. April diesen Jahres fand, organisiert durch die Rosa Luxemburg Stiftung/Peter-Imandt-Gesellschaft, ein Vortrag mit dem Titel „Nach dem Maidan“ in Saarbrücken statt. Die Referenten waren Dr. Alexander Antonyuk, Aliona Lyasheva und Taras Salamanyuk, welche für die in der Ukraine erscheinende Zeitschrift Spilne schreiben. Ihre Schreibmotivation ist es nach eigenen Angaben, zu einer linken Bewegung in der Ukraine beizutragen bzw. eine zu organisieren.

Der Vortrag ist dreigeteilt und zeigt die Situation der Ukraine aus drei unterschiedlichen Perspektiven. Antonyuk ist Experte für Energiemärkte und arbeitet für eine Investmentbank in Luxemburg. Dementsprechend hielt er seinen Vortrag aus einer wirtschaftlichen Perspektive. Lyasheva ist Soziologin an der Universität in Mailand und sprach über die politischen Aspekte. Darauf anknüpfend hielt Salamanyuk, ebenfalls Soziologe in Mailand, seinen Vortrag aus gesellschaftlicher Sicht, er fokussierte sich dabei auf die Proteste vor und nach dem Maidan. Weiterlesen

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Kollektivschuld

…ein Gedicht von Wolfgang Bittner.

Wir haben es nicht gewusst,
Keiner hat es gewusst,
Keiner hat es wissen wollen,
Keiner wollte es wissen.
Selbst wer es hätte wissen können,
Hat es nicht wissen wollen,
Selbst wer es wissen konnte,
Wollte es nicht wissen.

So ist das gewesen,
Was hätten wir denn tun können,
Wenn wir nichts wussten?
Wir haben uns nichts vorzuwerfen,
Wir lassen uns auch nichts vorwerfen!
Einmal muss Schluss sein damit!
Damit haben wir nichts zu tun gehabt.
Damit haben wir nichts zu tun.

Wir haben es nicht getan,
Andere haben es getan,
Aber keiner hat es gewusst.
Nur die es getan haben,
Wussten etwas davon,
Aber sie wussten nicht was sie taten,
Sie taten es,
Sie taten es auf Befehl,
Was einem befohlen wird muss getan werden.

Wir sind unschuldig,
Uns kann keiner in den Schmutz ziehen,
Wir haben es nicht getan,
Und wir hätten es auch nicht getan,
Wir haben es nicht einmal gewusst,
Niemand kann sagen wir hätten es gewusst,
Wir haben es selbstverständlich auch nicht gewollt,
Niemand kann sagen wir hätten es gewollt.

Keiner hat es gewollt,
Und keiner hat es gewusst,
Manche haben es zwar geahnt,
Aber gewusst hat es in Wirklichkeit keiner,
Alle haben es nicht gewusst,
Alle haben es nicht gewollt,
Wer etwas hätte wissen können,
Hätte es auch nicht gewollt,
Wenn er etwas gewusst hätte,
Uns kann keiner etwas wollen.


(Aus: Wolfgang Bittner, „Vom langen Warten auf den neuen Tag“, Lyrikediti-on 2000/ Allitera Verlag. Erstveröffentlichung 1975, seither immer aktuell)

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Die Würde der Erde

Anfang diesen Monats wurde im Grübelstübchen mit freundlicher Genehmigung des Autors Dirk C. Fleck ein Auszug aus dem Buch „GO! Die Öko-Diktatur” veröffentlicht (siehe hier). Was tun wir unserer Umwelt an? Haben wir die Situation noch unter Kontrolle? Wird es einmal tatsächlich zu einer Ökodiktatur kommen, weil wir uns selbst die Lebensgrundlage entziehen? In Folgendem eine Fotostrecke von canal10nicaraguas (Facebook), die den Zustand einiger Regionen auf unserem Planeten zeigen. Ich hüte davor mit dem Finger auf „die Asiaten“ oder andere Gruppen zu zeigen. Es ist zwar in der Tat so, dass in anderen Regionen dieser Erde andere Hygienestandards und keine oder weniger Gesetze bezüglich Müllentsorgung und anderem herrschen. Vieles dieser Verschmutzungen, vielleicht sogar das meiste, geht aber auf Kosten unseres Konsums. Es handelt sich um Industrieabfälle, die teilweise ins Wasser abgeleitet werden, um den Preis für eine teure Müllentsorgung zu umgehen. Und das alles, um sich im kapitalistischen System durchzusetzen, die Konkurrenten preislich auszustechen und als Sieger auf dem Markt zu gelten. Die systembedingte „Geiz ist geil„-Mentalität und der massenhafte Konsum bringen einen status quo zu Tage, den wir in folgenden unkommentierten Bildern sehen können.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

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Zahnpasta? Oder lieber Sarin?

Vor einiger Zeit hat mir ein Dozent im Studium ungefähr folgendes gesagt: „Wenn du einen Job bekommst, in dem du mit Flour arbeiten musst, nehme ihn nicht an! Auch wenn du Handschuhe bekämst.“ Der Grund: Fluor ist extrem giftig.

Irgendwann später war ich beim Zahnarzt und habe ihn gefragt, was es für einen Unterschied zwischen billiger und teurer Zahnpasta gäbe. Der Grund für die Frage: mein armer Studentengeldbeutel schrie nach Gewissensberuhigung. Er sagte, dass es keinen Unterschied mache und alles nur Marketingtricks seien. Und fügte hinzu: „Hauptsache Fluoride sind drin enthalten. Die sind wichtig„. Weiterlesen

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Gedenken an das Massaker von Odessa

Übermorgen wird es zwei Jahre her sein, dass in Odessa mindestens 48 Menschen bei einem Brand des Gewerkschaftshauses ums Leben kamen. Bei den 48 Toten handelt es sich um die offizielle Angabe. Die Angehörigen der Verstorbenen, die vor dem verbrannten Gebäude Bilder ihrer toten Söhne, Töchter, Brüder, Schwestern, Verwandten und Freunde mit sich tragen und gegen das Vergessen kämpfen, sprechen von mehr Toten. Weiterlesen

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Die Würde der Tiere

Auszug aus dem Buch: „GO! Die Öko-Diktatur“ von Dirk C. Fleck.
Die Kuh lag mit ängstlich geweiteten Augen an Deck. Zwei Männer schlangen ein Seil um ihr gebrochenes Vorderbein und gaben dem Kranführer das Zeichen. Mit einem Ruck wurde der massige Körper vom Boden gerissen und in luftiger Höhe über die Bordwand geschwenkt. Das Tier baumelte an seinem Bein wie an einem seidenen Faden, bis es am Pier klatschend zu Boden fiel. Es zitterte auf dem Asphalt, zum Brüllen war es zu schwach. Ein Matrose kappte das Tau. Aus dem Schuppen näherte sich ein Schaufelbagger. Er rammte seine Stahlzähne unter die Kuh und warf das Tier zurück aufs Schiff, wo es verzweifelt mit den Hufen zuckte.

Heute, lieber Freund, reden wir über die Würde der Tiere. Über jene Wesen also, die wir fast vollständig von diesem Planeten vertrieben haben. Dies war übrigens, um im Jargon unserer Großväter zu bleiben, eine rauhfutterverzehrende Großvieheinheit aus der Tierproduktion Nordfleisch, deren Annahme vom arabischen Empfänger wegen ihres schlechten Zustands verweigert wurde.“ Weiterlesen

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Der „Sheriff“

Am 07.02.2013 titelte die DailyMail: „Former Airline Pilot and conspiracy theorist `shot dead his two teenage children and his dog before turning the gun on himself´“. Das Massaker wurde von Phillip Marshall ausgeführt, so der Zeitungsbericht und so auch die spätere Ausführung des „Sheriffs“. Und so muss es auch gewesen sein. Der „Sheriff“ sagt es. Weiterlesen

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Bald im Clinch mit China?

Ist es den westlichen Staaten in den Jahren des chinesischen Aufstiegs nicht gelungen, im Nahen und Mittleren Osten zu einer machtpolitisch günstigen Ausgangsstellung für den großen Machtkampf gegen die Volksrepublik zu gelangen, so schließen die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz für die Zukunft selbst einen „bewaffneten Konflikt“ mit dem mächtigsten Rivalen des Westens nicht aus„.

Der letzte Satz des Artikels „Die großen Mächte und ihre Kriege“ (Teil 2) der Zeitschrift german foreign policy zog meine Stirn ganz schön in die Höhe. Nicht, dass eine mögliche Konfrontation zwischen China und dem Westen mich überrascht. Der Grund war eher, dass unsere Eliten dieses Szenario anscheinend nicht mehr als Tabu erachten… und dies offen sagen. Weiterlesen

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Wie entstehen Kriege?

Ein Bösewicht bzw. Schurkenstaat schränkt die Pressefreiheit ein, bedroht die “Nationale Sicherheit” von westlichen Staaten und metzelt seine Bevölkerung nieder. So wird es zumindest in den Medien verzapft: Kriege entstehen als Reaktion auf „Bösewichte“. Elizabeth Murray, eine ehemalige CIA-Arbeiterin, berichtete am 16. September 2015 in einem Vortrag in Berlin, den sie gemeinsam mit Ray McGovern hielt, unter Anderem darüber wie ihr von ihrem damaligen Chef aufgetragen wurde nach Beweisen dafür zu suchen, dass Saddam Hussein Verbindungen zur Al-Quaida hatte. Da sie und ihr Team keine gefunden haben, und ihr auch gar nicht gesagt wurde was für bisherige Hinweise es dafür gab, musste ein anderer Grund für den Irak-Krieg her: so entstand das Märchen von angeblichen Massenvernichtungswaffen, die zwar wahrscheinlich existierten, aber anscheinend vom Westen selbst an Saddam Hussein geliefert wurden. Weiterlesen

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Madaya = Kafraya?

Was ist der Unterschied zwischen Madaya und Kafraya? Beides sind syrische Kleinstädte. Ihre Größe ist ungefähr vergleichbar, ca. 40 000 Einwohner. In beiden Städten mangelt es an grundlegenden, fürs Überleben notwendigen Gütern: Medikamente, Nahrung, Wasser, Strom. In beiden Städten verhungerten seit letztem Monat über 23 Menschen. Bis hier hin könnte man die beiden Städte mit ihren traurigen Schicksalen für ein und die selbe Stadt halten. Es sich vielleicht mit verschiedenen Aussprachen, Übersetzungen oder arabischen Dialekten erklären.

Bis man sich darüber wundert, dass auffällig häufig die „Madaya“-Schreibweise genutzt wird. Wenn Ban Ki-moon, Rouhani und Erdogan sogar Petitionen starten (1). Wenn Frankreichs Außenminister den syrischen und russischen Präsidenten auffordern ihre Militäreinsätze gegen Zivilisten zu beenden (2). Wenn die BILD von „Konzentrationslagern“ spricht, wenn Politiker von „Kriegsverbrechen“ sprechen, wenn kaum ein Online-Nachrichtenmagazin ohne den grausamen Bildern verhungerter Kinder erscheint. Wenn auf internationalen Druck Assad gezwungen wird, 20 LKWs, endlich und Gott sei Dank, passieren zu lassen und die Stadt zu erreichen und den Menschen Hilfsgüter zu liefern.

Dann beginnt man zu begreifen, dass Madaya nicht gleich Kafraya ist. Dass man der Welt vorgeführt hat wie böse Assad und die Russen sind und wie gut die Internationale Hilfe organisiert ist, doch das Hungerproblem bei weitem nicht gelöst hat. Wird man die von der Al-Nusra eingekesselte Stadt Kafraya versuchen zu erreichen, in der es den Menschen nach wie vor geht wie in diesen grausamen Presseberichten zu lesen und zu sehen war? Die Hilfsgüter dort hin zu schicken gestaltet sich wesentlich komplizierter und bringt nicht so viele politische Erfolge inklusive ihrem medialen Effekt, etwa der Diskreditierung der „alleinigen Verantwortlichen“… wird sich der Aufwand für die Zuständigen „lohnen“? Wird „alles erdenkliche“ dafür getan diese Menschen zu ernähren, zu retten?

Die nachfolgende Petition spricht sich dafür aus, die Menschen in der ganzen Region mit Nahrungsmitteln zu beliefern (3), ob Madaya, Kafraya, Zabadani oder Fua’a…

(1) https://secure.avaaz.org/en/madaya_starvation_siege/?pv=64&rc=fb

(2) http://www.tagesschau.de/ausland/madaya-hunger-101.html

(3) https://www.change.org/p/fangt-an-lebensmittel-%C3%BCber-denen-abzuwerfen-die-in-syrien-verhungern-madaya

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Wenn Musiker kritisch werden…

…müssen sie sich rechtfertigen. Oft werden sie von den Medien  entweder ignoriert, fertig gemacht, denunziert… oder gleich alles zusammen. Musiker und öffentliche Personen müssen aufpassen was sie sagen. Zu kritische Songtexte oder Aussagen auf der Couch einer Talkshow… und der Shitstorm ist garantiert. Um nicht vollends als „Spinner“ abgetan zu werden, empfiehlt es sich ein wenig zurückzurudern, um sein Image zu wahren. Die zum Teil völlig überzogenen Medienreaktionen sorgen sicherlich dafür, dass die ein oder andere öffentliche Person schön ihre „unliebsamen“ Kommentare für sich behält, oder sie erst im Rentenalter äußert.

Da bekannte Künstler in einer guten Position sind, sich für Aufklärung und für Themen oder Positionen, die sonst nicht alltäglich in der öffentlichen Meinung aufkommen, weil sie „Tabuthemen“ sind oder massiven Widerspruch erfahren, einzusetzen, bleibt zu hoffen, dass die Künstler sich ihren Mund nicht verbieten lassen und sich auch in Zukunft kritisch äußern werden. Folgende Männer wird man in diesem Prozess dabei beobachten können: Dieter („Didi“) Hallervorden, Xavier Naidoo und Herbert Grönemeyer. Weiterlesen

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Europa- ein wunderschönes EUlysium

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Merkel will es!

Ein Gastbeitrag von Dr. Nikolaus Götz

Jetzt Bundeswehr in französischem Schlepptau: „Merkel will es!“ 1200 Paladine für das Morgenland!

Es war der Papst der katholischen Kirche Urban II., der mit dem Ruf „Deus volit!“, „Gott will es!“ (1095 n. Chr.) einen Appell an die politische Klasse im mittelalterlichen Westeuropa richtete, zur Errettung des Morgenlandes. In der Folge dieses Erlasses sammelte sich eine internationale „Koalition der Willigen“, Heerscharen aus Frankreich, England und Deutschland kommend, um im ’Nahen Osten’ einzugreifen. Diese ’adligen’ Haudegen zogen alsbald mit ihrem Tross ostwärts. Lang und entbehrlich war der Weg, beispielsweise des Kriegers Godefroy de Bouillon (~1060-1100), dessen Namen heute all seine Schandtaten vollkommen unterschlagend im öffentlichen Bewusstsein nur noch für eine ’Suppe’ steht. Weiterlesen

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Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Quelle: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Giskoes Gedanken-Blog)

Die Menschenrechte sind universell gültig. Leider findet keine konsequente Einhaltung statt. In Zeiten, in denen Drohnen aus Ramstein ihre Kreise über der arabischen Welt drehen, sollte man sich vor allem an Artikel 3 und 11 entsinnen. Weiterlesen

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Wider dem Krieg

Im Folgenden der Aufruf zur Friedensdemonstration in Saarbrücken am Freitag, organisiert vom Friedensnetz Saar. Eine Auflistung weiterer deutschlandweiter Demos (sowie Vorträge)  gibt es hier.

Warum ist es nötig zur Zeit vermehrt auf die Straße zu gehen? Der Bundestag hat beschlossen, dass sich die Bundeswehr militärisch in Syrien „engagieren“ soll. Siehe dazu die Ergebnisse der Abstimmung im Bundestag zum Syrieneinsatz der Bundeswehr weiter unten. Die Teilnahme an den Bombardierungen der „Anti-IS-Koalition“ in Syrien soll erfolgen, ohne dass zuvor alle nicht-militärischen Möglichkeiten ausprobiert wurden. Während russische Geheimdienste meldeten, der „Islamische Staat“ bekomme finanzielle Unterstützung aus 40 Ländern, darunter auch G-20-Länder, und dies ohne Konsequenzen blieb, werden ausgerechnet die Mittel vorgezogen, welche nachweislich für die Rekrutierung weiterer islamistischer Extremisten sorgen. Aus dem Grund wird zum Ende des Beitrages nochmal die Anzeige gegen Ursula von der Leyen für diesen völkerrechtswidrigen Einsatz (kein UNO-Mandat) beigefügt. Weiterlesen

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„schlaand“- der Tod kommt als Export

Die Bundesrepublik Deutschland, der Laden in dem wir leben, ist der dritt größte Rüstungsexporteur der Welt. Bronze für „schland“. In zivilen Schusswaffen erkämpft sich „schland“, mit dem Schweiß und der Mühe deutscher Waffenschmieden,  sogar Silber. In militärischen Waffen kommts leider nicht aufs Siegertreppchen. Nur Vierter. Da ist sicherlich noch Luft nach oben. Da geht noch was. „Einer geht noch, einer geht noch rein.“
Wie viele Kinder in den letzten Sekunden ihres Lebens die „Ehre“ hatten, in den Lauf dieses so erfolgreichen,  durch weltweites Engagement Medaillen einsackenden, Landes zu blicken, so wie der Junge in dem grandiosen Intro von „Lord of War“, ist schwer zu sagen. Wie vielen Gravierungen: „Made in Germany“, ein leichter Hitzeschwall von innen zukam, als eine tödliche Kugel sich an ihr vorbei auf den Weg zu ihrem „Endverbraucher“ machte? Wer weiß das schon…

Fest steht jedoch, von wem die Zahl dieser armen Kinder festgelegt wird: vom deutschen Wähler.

Mehr zum Thema Waffenexporte: „Tödliches Geschäft„.

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Auftrags“selbst“mord in der Ukraine- Teil 1

Am 28. April 2014 wurde auf den Bürgermeister von Charkiw, Gennadi Kernes, ein Attentat verübt. Ein unbekannter Scharfschütze hat ihn beim Joggen angeschossen. Seit dem sitzt der Politiker der Partei der Regionen im Rollstuhl. Die Gerüchteküche sagt: der aktuelle jetzige Innenminister Arsen Awakow könnte hinter dem Attentat stecken. Weiterlesen

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„Wünsch Dir was“

„Wünsch Dir was“… und du erhältst es. Im heutigen System ist alles jederzeit verfügbar. Alles was wir uns erträumen, auch das was wir vor der neuesten Werbung noch gar nicht wussten, dass wir es mal erträumen würden, ist in Zeiten des Neoliberalismus und Globalisierung, nur einen Click entfernt. Das ist durchaus auch wortwörtlich gemeint:  Amazon beispielsweise liefert per „1-click-Bestellung“ das Objekt der Begierde, „prime“, in weniger als 24 Stunden.

Doch alles hat seinen Preis. Weiterlesen

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Blutspuren in den Bluejeans

In den letzten Tagen hat das Europaparlament über Rohstoffe aus Krisengebieten diskutiert und stimmte für einen verpflichtenden Herkunftsnachweis für Rohstoffe (taz, 21.05.15, S.8). Was würde es für uns bedeuten, wenn diese Regelung sich in den EU-Mitgliedsstaaten durchsetzen sollte?

Beim Kauf eines neuen Handys macht sich kaum ein zukünftiger Besitzer darüber Gedanken, ob Menschen für die Gewinnung des nötigen Materials versklavt wurden oder starben. Weiterlesen

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Troika 1893

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„Das Massaker von Odessa“

Diesen Namen trägt eine Wanderausstellung von Oleh Muzyka, ein Überlebender des Gewerkschaftshausbrandes in der ukrainischen Stadt Odessa, die in zahlreichen europäischen Hauptstädten zu sehen war. Als ich zum ersten Mal von den tragischen Ereignissen hörte und mir das „Massaker“ auf Video anschaute, überfiel mich Wut und Trauer und ich fing an sämtliche deutschsprachige Zeitungsartikel zu dem Thema zu lesen. Schnell fiel mir auf, dass in diesen nur von „Ausschreitungen” und „Zusammenstößen” die Rede war. Es wurde auf eine Art und Weise berichtet, dass man meinen könnte „der ganz normale Wahnsinn”, Kämpfe zwischen Maidanunterstützern und -gegnern, hätten sich dort an diesem zweiten Mai, letzten Samstag vor einem Jahr, abgespielt. Die Ereignisse waren wesentlich komplexer als diese Medienberichte verlauteten, man nehme beispielsweise die Ankunft zahlreicher militanter Maidanaktivisten ins Visier, die eigens für die Kämpfe mit Bussen nach Odessa reisten. Weiterlesen

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Deutschland will bei den Großen mittöten- jetzt auch per Joystick vor dem Monitor

Letztens habe ich fast beiläufig von dem Entschluss der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, eine europäische Kampfdrohne zu entwickeln, erfahren. Die Kontroverse ist zwar alt, schon ihr Vorgänger Thomas de Maizière hat diese mögliche Anschaffung debattieren lassen. Doch wie ist dieser Entschluss zu werten? Können wir uns darauf einstellen, dass alle perversen Tötungsmaschinen, die in Übersee entwickelt und eingesetzt werden, früher oder später auch von uns Europäern nachgeäfft werden? Weiterlesen

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Zum Tod von Günter Grass

Gestern ist Günter Grass gestorben. Da ich erst vor ein paar Tagen, kurz vor seinem Tod, auf seine Gedichte gestoßen bin, veröffentliche ich hier das Gedicht „Was gesagt werden muss“, um zur weiteren Lektüre der Werke dieses kritischen und mahnenden Dichters anzuregen: Weiterlesen

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Ein eher unbekannter Musiker, der definitiv mehr Zuhörer haben sollte.

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TV-Tipp: Die Anstalt

Heute- Dienstag, der 8.12.2015 um 22:15 auf ZDF !

dataWarum lohnt es sich einzuschalten? Weil sie gegen den Mainstream schwimmen. Weil sie sich ungehemmt trauen Sachen auszusprechen, die man sonst nur in Bruchstücken serviert bekommt und nur schwer zu einem ganzen Bild zusammenfassen kann. Leider ist diese Satireshow wesentlich informativer als sämtliche Talkshows, Nachrichtensendungen, Reportagen im deutschen Fernsehen. Weiterlesen

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Deutsches Vaterland. Wie lieb ich so ’n Land. Ein sonniger Fleck in dieser Schönen Welt. Es profitiert vom Krieg und Zerstörung. Besonders lukrativ sind Diktatoren und verfeindete Staaten. Gebiete in denen Drogenkartelle Menschen verschwinden und hinrichten lassen sind finanziell auch ganz knorke. Und wenn dann alles in Schutt und Asche liegt, lässt man einen Kredit springen und kassiert die Zinsen. Brilliant. Läuft bei uns. Weiterlesen

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Ein Tag mit einem US-amerikanischen Beamten

27.03.2003, Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base

„…die Terroranschläge auf das World Trade Center… lösen immer wieder Kontroversen über die Maßnahmen gegen den Terror aus… Präsident George W. Bush erklärte den War on Terrorism… das Gesetz USA PATRIOT Act soll die Staatsbeamten befähigen, für Gerechtigkeit zu sorgen…“. Langsam sollte ich aufstehen, sonst weckt der Radiowecker noch die Kinder. Die haben doch schulfrei… Ich bin spät dran, zum Glück kann ich meine Arbeitszeit flexibel einteilen. Ob die anderen schon ohne mich angefangen haben? Schnell die Zähne putzen, Brötchen und Kaffee mit ins Auto. Autoradio an. „Unsere Beamten bündeln alle Ressourcen, um mutmaßliche Mittäter der Anschläge ausfindig zu machen“. Die beschissenen Afghanen breche ich noch. Ich stehe kurz vor dem Durchbruch.

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„Pleitegriechen“- die Herrschaft des Demos auf dem Prüfstand

Lange habe ich überlegt, ob ich über Griechenland schreiben soll, da Finanzthemen immer so trocken sind. Der Wahlsieg der Linkspartei Syriza gepaart mit den dreisten Kampagnen gegen das griechische Volk, die sich in den letzten Jahren durch unsere Medienlandschaft zogen, gaben dann doch den Ausschlag. In nächster Zeit sollte sich eine interessante Frage beantworten: Wie viel Macht zur Veränderung steht dem Volk, dem Demos, in der nach ihr benannten Demokratie zu?

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Quiztime (1)

Frage: Was haben folgende Diktatoren und Präsidenten autoritärer Staaten gemeinsam?

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„Stoppt Propaganda jetzt“- BILD dir deinen SPIEGEL

Das Titelbild der Spiegelausgabe zeigt eine Auswahl der Opfer des Flugzeugabsturzes der MH17, jeweils mit dem Namen und Todesdatum darunter. 17.7.2014. Auf den Fotos sind die unterschiedlichsten Menschen zu sehen: von jung bis alt, verschiedene Nationalitäten, der „nerdige Typ“, die Businessfrau, der Familienvater. Zentral springt die signalfarbende, große Schrift ins Auge: „Stoppt Putin jetzt!“. Nahezu automatisch ergibt sich die Assoziation, dass Putin für den Tod dieser Menschen verantwortlich ist. Für den Tod ganz normaler Menschen, wie du und ich. Die hat er auf dem Gewissen. Dieses Monster.

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„Je suis al-Beidha“

Nach dem Attentat auf das Pariser Satiremagazin Charlie Hebdot hat es eine Welle an Solidaritätsbekundungen für die Opfer des Anschlages gegeben, allein in Paris gingen um die vier Millionen Menschen auf die Straßen. Auch weit über die Landesgrenze hinaus kann man auf Sozialen Netzwerken, Plakaten und Fußballtrikots die Solidaritätsausrufe „Je suis Charlie“ lesen. Seit Tagen widmen Nachrichtenformate rund die Hälfte ihrer Sendezeit dem grausamen Attentat von Paris. Auch gibt es kaum ein anderes Thema in den Zeitungen.

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Tödliches Geschäft

Der Export von Waffen war schon immer ein heikles Thema, da von diesem Menschenleben abhängen, und unterliegt deshalb einer strengen Kontrolle. Dies soll Missbrauch vorbeugen und verhindern, dass tyrannische Despoten ihr Volk über den Haufen schiessen oder Bürgerkriegsparteien sich gegenseitig abschlachten.

Leider gibt es keinen derartigen, ausreichend wirksamen, Kontrollmechanismus.

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Mein rechter, rechter Platz ist frei, ich wünsche mir den Frieden herbei

In letzter Zeit tümmeln sich immer mehr Menschen auf den Straßen, die meinen eine ganze Glaubensgemeinschaft und somit 1,2 Milliarden Menschen, diffamieren zu müssen. Diese Entwicklung geht mit einem Rechtsruck in Europa einher. „Ganz normale Leute“ fühlen sich derzeit angesprochen, von den ideologischen Ansichten von braunen Rattenfängern. Wer sich dermaßen laut gegen „Kanacken und Kopftuchaishen“ ausspricht, weil er die Islamisierung des Abendlandes fürchtet, sollte sich zunächst einmal die Frage stellen, in wie weit er selbst durch sein Schweigen dazu beisteuert, dass diese massiven Migrationswellen, überwiegend aus Krisengebieten Nordafrikas und des Mittleren und Nahen Ostens, nicht nur die Europäischen Länder überschwemmen. Schauen wir uns doch mal das immer brauntönigere Stadt- und Landbild Europas an.

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Schöne Welt

Die beste Art, sich einer negativen Eigenschaft zu entledigen ist zweifellos, sich ein negatives Beispiel zu suchen. Will man beispielsweise seine alten Konsumgewohnheiten über Bord werfen, so denkt man doch am Besten an die eigenen aus der Vergangenheit, vielleicht sogar wie man sie ins Extreme getrieben hat. XXL-Restaurants, aus Pappe bestehende Mc-Donald´s-Burger und der günstigste Döner den man finden konnte. Und der Höhepunkt des Ganzen der warme Sommertag, an dem man sich im Netto eine Packung Toastfleisch aus der Gefriertruhe schnappte, „nur um es mal auszuprobieren“, was einen nicht davon abgehalten hat, es auch ein zweites Mal zu tun, weil es doch so praktisch war. Fürs Protokoll, es handelt sich wirklich um ein Stück Fleisch, dass man nach einer Minute im Toaster essen kann. Warum so ein Leben als negatives Fallbeispiel einer vergangenen Zeit überhaupt nötig ist? Weil man die Absurdität dieser Konsumgesellschaft hautnah erlebt hat und sie nicht länger unterstützen will. Warum so ein Lebensstil schlecht ist brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Es ist schließlich verpönt, seine Umwelt schlecht zu behandeln.

Oder muss ich es doch tun? Weiterlesen

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Die Welt von heute – die Welt von morgen

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Geschützt: Anti-AKW- Protest im Südwesten Deutschlands – Ein Interview mit einem Aktivisten der ersten Stunde: Ambrosius Theis (Info: Artikel erscheint demnächst; Testversion)

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Was wir sind und was wir sein könnten – Clevere Rattenfänger

„Der Rattenfänger von Hameln wusste offenbar, dass es in dieser Stadt viele Kinder gab, die nach etwas suchten, die eine große Sehnsucht nach etwas hatten, was damals für sie in Hameln nicht zu finden war. Deshalb sind sie ihm gefolgt. »Dem bezaubernden Klang seiner Flöte«, sagt die Legende. »Seinem Versprechen, die Welt durch einen Kreuzzug der Kinder zu erlösen«, sagt die Geschichtsforschung. Aber vielleicht folgten sie nur der von ihm verbreiteten Hoffnung, endlich zu finden, was diese Kinder so sehr brauchten: Aufgaben, an denen sie wachsen konnten; Gemeinschaften, denen sie sich zugehörig fühlten. Das Gefühl, für irgendetwas wichtig zu sein, gebraucht zu werden. So zumindest ist das Rattenfängerphänomen aus Perspektive der modernen Hirnforschung und Entwicklungspsychologie erklärbar.

Für nichts lassen sich Menschen, auch schon als kleine Kinder, mehr begeistern als für das, was wir Glück nennen. Glücklich sind Menschen immer dann, wenn sie Gelegenheit bekommen, ihre beiden Grundbedürfnisse nach Verbundenheit und Nähe einerseits und nach Wachstum, Autonomie und Freiheit andererseits stillen zu können. Wenn sie also in der Gemeinschaft mit anderen über sich hinauswachsen können. Wer das erleben darf, ist glücklich. Der ist dann auch von keinem Rattenfänger dieser Welt verführbar. Der läuft niemandem hinterher, der ihm irgendetwas verspricht. Als kleines Kind nicht und auch nicht als Erwachsener.

Gesetzt den Fall, Sie wären ein heute lebender Rattenfänger und Sie hätten ein besonderes Interesse daran, dass möglichst viele Kunden Ihrem Flötenspiel, also Ihren Ratschlägen, Ihren Angeboten und Ihren Verführungen folgen. Wie müssten Sie vorgehen, was müssten Sie schaffen, um in diesem Bemühen möglichst erfolgreich zu sein? Ja, genau das. Möglichst viel Unzufriedenheit, Leid, Frust, Ärger, Wut, also möglichst viele unglückliche Leute müssten Sie erzeugen. Die würden dann bereitwillig all Ihren Angeboten, Ihren Versprechungen und Ihren Ratschlägen folgen, wenn die nur irgendwie, und auch nur für kurze Zeit, dazu beitragen, etwas glücklicher, etwas zufriedener, etwas froher zu sein. Und was müssten Sie verknappen, damit die Leute möglichst unglücklich und damit besonders gute Kunden und Konsumenten Ihrer Angebote werden? Sie müssten die Zeit und die Gelegenheit verknappen, die ihnen zum gemeinsam über sich Hinauswachsen zur Verfügung steht.

Sie müssten die Beziehungen der Menschen so organisieren, dass immer mehr von ihnen die Erfahrung machen, dass es für sie vorteilhafter ist, wenn sie gegeneinander statt miteinander arbeiten, und Sie müssten die Lebenswelt der Menschen so gestalten, dass sich der Einzelne wie ein winziges Zahnrad in einem mächtigen Uhrwerk erlebt und irgendwann die Hoffnung begräbt, in dieser komplett durchorganisierten Lebenswelt jemals etwas selbst gestalten und damit autonom und frei werden zu können. Wenn Sie das so machten, dann wären Sie ein moderner Rattenfänger und die Menschen würden sich für Ihre Tipps und Angebote immer wieder neu begeistern.“

(Die ersten zwei Absätze habe ich aus einem WELT-Artikel. Das habe ich nur gemacht, um mir die Tipparbeit zu sparen. Der gesamte Text entspricht dem Kapitel „Clevere Rattenfänger“ von Gerald Hüthers Buch „Was wir sind und was wir sein könnten“, 3. Auflage, 2011, S. 106 – 108)

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Autonome Polizisten und „provozierende Agenten“

P.S.: In Hamburg habe ich bisher nichts dergleichen vernommen und maße mich nicht an, Parallelen zu den Ereignissen in Genua zu ziehen. Ich möchte mit dem Teilen der Doku nur zeigen, zu was Polizisten in Europa in der Lage sind. Ich denke der G8-Gipfel in Genua zeigt die zur Verwendung kommenden dreckigen Methoden ganz gut (weil das ein besonders extremer doch gut dokumentierter Fall ist) und bedarf keine weiteren Worte.

Wer sich tiefer mit den sogenannten „agent provocateurs“ auseinandersetzen möchte kann als Ausgangsbasis die Einzelnachweise in dem Wikipedia-Artikel nutzen.

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Umberto Eco: Der Name der Rose

„Wer nicht liest, wird mit 70 Jahren nur ein einziges Leben gelebt haben: Sein eigenes. Wer liest, wird 5000 Jahre gelebt haben: Er war dabei, als Kain Abel tötete, als Renzo Lucia heiratete, als Leopardi die Unendlichkeit bewunderte. Denn Lesen ist eine Unsterblichkeit nach hinten.“

Umberto Eco (übernommen aus Wikipedia, ohne Verlinkungen)
Nachfolgend ein Auszug aus dem Buch Der Name der Rose von Umberto Eco. Das Buch ist als PDF im Internet zugänglich, der nachfolgende Auszug ist dort auf Seite 124 bis 130 zu finden. Auch dieses mal möchte ich mich an mein Vorhaben halten, einen in meinen Augen interessanten Text unkommentiert zu teilen. Zum Ende der Seite folgen jedoch optional ein paar Worte, woran ich beim Lesen des Textes denken musste und warum ich mich ausgerechnet für diese Passage des Buches entschieden habe. So oder so lohnt es sich den Roman für seinen Bücherschrank zu kaufen. Er zeigt sehr gut, wie weit Machthabende gehen, um anderen Menschen Wissen vorzuenthalten, auch wenn dies hier auf einer fiktionalen Ebene gezeigt wird.
Wie immer ein Hinweis auf eine kostenlose Hörbuchversion auf Youtube. Meiner Meinung nach sollte man Autoren, wenn möglich, immer finanziell unterstützen, in dem man das Buch/Hörbuch kauft. Da Umberto Eco im letzten Jahr verstorben ist, sollte es in Ordnung sein auf die kostenlosen Versionen im Internet zurückzugreifen.
Ich denke es ist ein großes Geschenk, dass wir dank Projekten wie dem Gutenberg-Projekt auf eine immer größer werdende Zahl an Texten zugreifen können. Auch bei den Hörbüchern gibt es dementsprechende „Projekte“, wie auf LibriVox und Youtube zu finden. Die Zeiten in denen der Zugang zu Wissen nur Reichen zur Verfügung steht, sind somit zumindest theoretisch (also für Selbstorganisierte und Interessierte) passé.
Ich weiß, ich hab es schon an anderen Stellen in diesem Blog vermerkt: Man kann die verbrachte Zeit am PC nicht nur durch den Kauf eines Buches reduzieren. PDF-Dateien lassen sich problemlos auf einen E-Reader spielen, Hörbücher lassen sich auf den MP3-Player packen. Wenn man eine Internetseite (wie diesen Text) als PDF haben will, kann man den Text in das Word/Office-Programm kopieren und dann „Als PDF speichern“ unter „Datei“ klicken. Youtube-Videos lassen sich mithilfe von Programmen in MP3-Formate umwandeln. Hier ein kostenloses Programm.
Der Name der Rose wurde in den 1980er Jahren auch verfilmt. Meiner Meinung nach entgeht einem dabei sehr viel, da darin nur der Plot (erzählerischer Hauptstrang) gezeigt wird. Auch hält der Film sich nicht wirklich an die Erzählung von Umberto Eco.
Und jetzt viel Spaß beim Lesen.
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»Ich verstehe immer weniger.«
»Zugegeben, ich bin wohl nicht sehr begabt im Erfinden von Allegorien. Vergiß die Geschichte vom Strom. Versuche lieber zu verstehen, daß viele der Bewegungen, deren Namen du aufgezählt hast, vor mindestens zweihundert Jahren entstanden sind und heute kaum noch existieren, andere dagegen sind noch recht jung . . .«
»Aber wenn man von Ketzern spricht, meint man sie immer alle gemeinsam.«
»Ja, aber das ist eine der Arten, wie die Ketzerei sich verbreitet, und es ist zugleich eine der Arten, wie sie zerstört wird.«
»Ich verstehe schon wieder nicht.«
»Mein Gott, ist das schwer zu erklären! Also gut, fangen wir noch einmal neu an. Stell dir vor, du wärst ein Reformator, ein Erneuerer der Lebensformen. Du versammelst ein paar Getreue, um mit ihnen auf dem Gipfel eines Berges in Armut zu leben. Es dauert nicht lange, und viele Menschenströmen herbei, auch von weither, um dich als einen Propheten oder neuen Apostel zu verehren und dir nachzufolgen. Kommen sie wirklich nur deinetwegen, aufgrund deiner Predigt?«
»Ich weiß nicht, ich hoffe doch. Warum sonst?«
»Vielleicht weil sie von ihren Eltern Geschichten über andere Reformatoren gehört haben und Legenden über mehr oder minder vollkommene Bruderschaften, und nun meinen sie, diese sei jene und jene sei diese.«
»Demnach erbt also jede neue Bewegung die Kinder der älteren?«
»Sicher, denn ihren größten Zulauf erhält sie immer von Laien, einfachen Leuten, die von den Feinheiten der theologischen Lehre nichts verstehen. Gleichwohl entstehen solche Reformbewegungen an verschiedenen Orten, auf verschiedene Weise und mit sehr unterschiedlichen Lehren. Zum Beispiel werden die Katharer häufig mit den Waldensern verwechselt, obwohl ein großer Unterschied zwischen ihnen besteht. Die Waldenser predigten eine Erneuerung der Lebensweise innerhalb
der bestehenden Kirche, die Katharer predigten eine andere Kirche, eine andere Anschauung Gottes und der Moral. Sie meinten, die Welt zerfalle in zwei streng geschiedene und einander hart entgegengesetzte Teile, hier die Kräfte des Guten, dort die Kräfte des Bösen; sie hatten eine eigene Kirche gegründet, in der die kleine Führungsschicht der Perfecti sich scharf von den einfachen Gläubigen abgrenzte; sie hatten eigene Sakramente und eigene Riten und eine sehr starre Hierarchie, fast so starr wie die unserer heiligen Mutter Kirche, und sie dachten gar nicht daran, jedwede Form von Macht zu zerschlagen – was übrigens erklärt, weshalb unter anderem große Herren, Grundbesitzer und reiche Adlige zu ihnen stießen. Auch dachten die Katharer gar nicht daran, die Welt zu verändern, da ihnen der Gegensatz zwischen gut und böse als schlechthin unüberwindlich erschien. Die Waldenser dagegen (und mit ihnen die Arnoldisten oder lombardischen Pauperes) wollten eine andere Welt errichten auf einem Ideal der Armut, weshalb sie die Elenden und Entrechteten in ihre Reihen aufnahmen und gemeinschaftlich von ihrer Hände Arbeit lebten. Die Katharer lehnten die Sakramente der römischen Kirche ab, die Waldenser nicht, sie verwarfen lediglich die Ohrenbeichte.«
»Aber warum werden dann die beiden Bewegungen stets in einem Atemzug genannt, warum spricht man von ihnen immer, als wären sie beide ein und dasselbe schlimme Unkraut?«
»Ich sagte doch: Was sie mit Leben erfüllt, das bringt ihnen auch den Tod. Sie erhalten Zulauf von einfachen Leuten, die durch andere Bewegungen aufgerüttelt worden sind und nun meinen, es handle sich um das gleiche Motiv der Revolte und der Hoffnung. Außerdem werden sie von den Inquisitoren zerschlagen, die den einen die Fehler der anderen zuschreiben. Wenn die Sektierer einer bestimmten Bewegung irgendwo ein Verbrechen begangen haben, wird dieses Verbrechen sofort den Sektierern aller Bewegungen zugeschrieben. Nach der Vernunft sind die Inquisitoren im Unrecht, da sie entgegengesetzte Doktrinen in einen Topf werfen, aber nach dem Unrecht der anderen sind sie im Recht, denn sobald irgendwo zum Beispiel eine Bewegung von Arnoldisten aufkommt, strömen ihr auch diejenigen zu, die vielleicht anderswo Katharer oder Waldenser geworden wären (oder gewesen waren). Die Apostler des Fra Dolcino predigten die physische Vernichtung der Kleriker und der weltlichen Herren, und sie begingen viele Gewalttaten. Die Waldenser waren seit jeher Gegner der Gewalt, ebenso die Fratizellen. Gleichwohl bin ich überzeugt, daß in Fra Dolcinos Bande viele mitliefen, die vorher den Fratizellen oder der waldensischen Predigt gefolgt waren. Die einfachen Leute, lieber Adson, können sich ihre Häresie nicht aussuchen, sie halten sich immer an den, der gerade in ihrer Gegend predigt, der durch ihr Dorf kommt oder auf ihren Plätzen spricht. Und genau das machen sich die Feinde der Ketzer und Reformatoren zunutze. Den erschrockenen Leuten von der Kanzel herab ein einziges, undifferenziertes Ketzertum vor Augen zu führen, das womöglich im gleichen Zuge sowohl die Absage an die geschlechtliche Lust als auch die fleischliche Kommunion der Leiber propagiert, ist heutzutage gute Predigerkunst. Denn sie präsentiert die Vielfalt der Häresien als ein einziges großes Knäuel teuflischer Widersprüche, das den gesunden Menschenverstand beleidigt.«
»Also gibt es keinerlei Wechselbeziehung zwischen den einzelnen Ketzergruppen, und es beruht auf teuflischem Blendwerk der Hölle, wenn ein armer Tropf, der vielleicht gern ein Joachimit oder ein Spiritualer geworden wäre, stattdessen den Katharern in die Hände fällt?«
»Nein, lieber Adson, so ist es nun auch wieder nicht. Fangen wir nochmal von vorn an – und bitte glaube mir, was ich dir hier zu erklären versuche, ist mir, so fürchte ich jedenfalls, selber nicht völlig klar. Meines Erachtens liegt der entscheidende Irrtum darin, daß man meint, erst käme die Ketzerei und dann das Laienvolk, das sich ihr hingibt (und sich in ihr verliert). In Wahrheit kommt erst die Lage des einfachen Volkes und dann die Ketzerei.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Nun, du kennst doch die gängige Vorstellung von der Konstitution des Christen Volkes. Eine große Herde, bestehend aus weißen und schwarzen Schafen, zusammengehalten von scharfen Hunden, das heißt von den Kriegern oder der weltlichen Macht, vom Kaiser und seinen Fürsten, das Ganze geführt von sorgsamen Hirten, das heißt von den Klerikern, den Interpreten der Worte Gottes. Das Bild ist klar.«
»Aber es stimmt nicht: Die Hirten liegen im Kampf mit den Hunden, weil jeder die Rechte des anderen für sich beansprucht.«
»Richtig. Und genau das ist es, was die Natur der Herde vernebelt. Die Hirten und Hunde, vollauf damit beschäftigt, sich gegenseitig zu zerfleischen, kümmern sich nicht mehr um die Herde. Ein Teil von ihr bleibt draußen.«
»Wo draußen?«
»An den Rändern – Bauern, die keine Bauern mehr sind, weil sie kein Land haben oder weil ihr Land sie nicht mehr ernährt, Bürger, die keine Bürger mehr sind, weil sie zu keiner Zunft oder Innung gehören, kleines Volk, leichte Beute für jedermann. Bist du auf deinen Reisen niemals den Aussätzigen begegnet?«
»Doch, einmal sah ich eine ganze Schar, es waren mindestens hundert. Entstellte Körper, das Fleisch zerfallen und gänzlich farblos, auf Krücken gestützt, die Lider geschwollen, die Augen blutunterlaufen. Sie sprachen nicht, sie schrien auch nicht, sie fiepsten wie Mäuse . . .«
»Sie sind für das Volk der Christen die anderen, die an den Rändern der Herde leben. Die Herde haßt sie, und sie hassen die Herde. Sie wünschen ihr den Tod, sie wollen die ganze Herde mit ihrem Aussatz anstecken.«
»Ja, ich entsinne mich einer Geschichte von König Marke, der die schöne Isolde verurteilen mußte. Er wollte sie gerade dem Scheiterhaufen überantworten, da kamen die Aussätzigen und sagten zu ihm, der Scheiterhaufen sei eine geringe Strafe, es gebe noch eine viel schlimmere. Und sie riefen: Gib uns Isolde, auf daß sie uns allen gehöre, das Böse entzündet unsere Begierden, überantworte sie deinen Aussätzigen! Siehe, unsere Lumpen kleben an unseren eitrigen Wunden, und die da an deiner Seite sich schmückt mit kostbaren Stoffen, pelzgefüttert, und edlem Geschmeide, wenn sie erst den Hof der Aussätzigen erblickt, wenn sie einziehen muß in unsere elenden Hütten und sich zwischen uns betten muß, dann wird sie ihre Sünde richtig erkennen und diesem schönen Reisigfeuer eines Tages noch nachtrauern!«
»Du hast ja eine kuriose Lektüre für einen Novizen des heiligen Benedikt«, spottete William, und ich errötete, denn natürlich wußte ich sehr genau, daß ein Novize keine Liebesromane lesen sollte, doch sie zirkulierten unter uns Jungen im Kloster von Melk, und wir lasen sie heimlich nachts bei Kerzenschein.
»Aber lassen wir das«, fuhr William fort, »wichtig ist, daß du verstanden hast, was ich sagen wollte. Die ausgeschlossenen Leprakranken würden am liebsten alle anderen mit in ihr Verderben ziehen. Und je mehr du sie ausschließt, desto schlimmer werden sie, und je mehr du sie dir als eine Schar von Lemuren vorstellst,
die immerfort auf dein Verderben sinnen, desto gründlicher werden sie ausgeschlossen. Der heilige Franz hatte das begriffen, und so war seine erste Entscheidung, unter den Aussätzigen zu leben. Denn man kann das Gottesvolk nicht verändern, wenn man die Ausgeschlossenen nicht wieder integriert.«
»Aber Ihr habt doch von anderen Ausgeschlossenen gesprochen. Nicht die Aussätzigen sind es, aus denen die Ketzergruppen sich rekrutieren.«
»Die Herde ist wie eine Reihe konzentrischer Kreise, von den inneren Zirkeln über die nahe Peripherie bis zu den fernsten Außenringen. Die Aussätzigen sind das Symbol für den Ausschluß im allgemeinen. Das hatte der heilige Franz begriffen. Er wollte nicht nur den Opfern der Lepra helfen, sein Handeln wäre sonst nur ein recht kümmerlicher und jedenfalls ohnmächtiger Akt der Mildtätigkeit gewesen. Nein, er wollte ein Zeichen setzen, das mehr bedeutete. Kennst du die Geschichte von seiner Predigt zu den Vögeln?«
»Ja, man hat mir diese wunderschöne Geschichte erzählt, und ich habe den Heiligen sehr bewundert, wie er da saß inmitten der allerliebsten Geschöpfe Gottes.«
»Nun, dann hat man dir wohl eine falsche Geschichte erzählt, beziehungsweise die fromme Legende, die sich der Orden heute zurechtmacht. Als Fransziskus zum Volk der Stadt und zu ihren Ratsherren sprach und sah, daß diese ihn nicht verstanden, ging er hinaus auf den Friedhof und predigte zu den Krähen und Elstern und Sperbern: zu Raubvögeln, die sich vom Aas ernähren.«
»Wie entsetzlich!« rief ich erschrocken. »Dann waren es also keine lieblichen Singvögel?«
»Es waren Raubvögel, Ausgeschlossene wie die Leprakranken. Franziskus dachte dabei gewiß an jenen Vers aus der Apokalypse, der da heißt: ›Und ich sah einen Engel in der Sonne stehn, und er schrie mit großer Stimme und sprach zu allen Vögeln, die unter dem Himmel fliegen: Kommt und versammelt euch zu dem Abendmahl des großen Gottes, daß ihr esset das Fleisch der Könige und Hauptleute und das Fleisch der Starken und der Pferde und derer, die darauf sitzen, und das Fleisch aller Freien und Knechte, der Kleinen und der Großen!‹«
»Also wollte Franziskus die Ausgeschlossenen zur Rebellion aufrufen?«
»Nein, das taten höchstens Fra Dolcino und die Seinen. Franziskus wollte die zur Rebellion bereiten Ausgeschlossenen dazu bewegen, sich in das Volk Gottes wieder eingliedern zu lassen. Um die zerstreute Herde wieder zu sammeln, mußten zuerst die verlorenen Schafe wiedergefunden werden. Leider war ihm kein Erfolg beschieden, und das sage ich hier mit großer Bitterkeit. Um die Ausgeschlossenen zu integrieren, mußte Franziskus im Innern der Kirche handeln; um im Innern der Kirche zu handeln, mußte er dafür sorgen, daß seine Regel anerkannt wurde, aus der ein Orden hervorgehen sollte – und ein Orden, wie er dann aus ihr hervorging, mußte zwangsläufig wieder das Bild eines Kreises bieten, an dessen Rändern die Ausgeschlossenen leben . . . Begreifst du nun, warum sich später die Banden der Fratizellen und Joachimiten gebildet haben, die gleichfalls wieder die Ausgeschlossenen um sich versammeln?«
»Ja, aber wir sprachen doch nicht vom heiligen Franz, sondern von der Frage, inwiefern die Ketzerei durch das Laienvolk und die Ausgeschlossenen hervorgebracht worden ist.«
»Richtig, wir sprachen von den verstoßenen Schafen. Jahrhundertelang, während Papst und Kaiser einander in ihren Machtdiatriben befehdeten, hatten sie an den Rändern der Herde gelebt – sie, die wahren Aussätzigen, für welche die Lepra nur das Zeichen ist, das Gott uns gesetzt hat, damit wir dieses treffliche Gleichnis verstehen und endlich begreifen, daß ›Aussätzige‹ nichts anderes heißt als: Ausgeschlossene, Entrechtete, Niedergehaltene, Entwurzelte und Getretene, das ganze ins Elend gestürzte oder im Elend gehaltene Volk auf dem Lande und in den Städten. Aber wir haben das Gleichnis nicht verstanden, das Geheimnis der Lepra hat uns weiterhin immer nur Angst gemacht, weil wir seine Zeichen natur nicht erkannten. So waren die Ausgestoßenen schließlich bereit, jeder Predigt zu folgen (und das hieß: sie hervorzubringen), die unter Berufung auf das Wort Gottes de facto
das Verhalten der Hirten und Hunde anprangerte und versprach, daß eines Tages die Strafe dafür kommen werde. Und das verstehen die Mächtigen immer. Sie wußten sofort: eine Reintegration der Ausgeschlossenen würde unvermeidlich zu einer Schmälerung ihrer Privilegien fuhren, und darum mußten die Ausgeschlossenen, die sich ihres Ausgeschlossenseins innezuwerden begannen, als Ketzer verbrannt werden – gleichgültig, welcher häretischen Lehre sie folgten. Auch den Ausgeschlossenen ging es, verblendet durch ihren Ausschluß, in Wahrheit nicht um irgendeine Lehre. Zu glauben, jemand sei wirklich an ihrer Lehre interessiert, ist die Illusion aller Häresien. Jeder ist ketzerisch, jeder ist rechtgläubig, nicht um den Glauben geht es, den eine Bewegung anbietet, sondern allein um die Hoffnung, die sie weckt. Jede häretische Lehre ist stets nur das Banner, die Kampfparole einer Revolte gegen realen Ausschluß. Kratz an der Häresie, und du findest den Aussätzigen. Jeder Kampf gegen die Häresie will in Wahrheit nur eines: daß die Aussätzigen bleiben, was sie sind. Was willst du da von den Aussätzigen verlangen? Daß sie feine Unterscheidungen treffen zwischen wahren und falschen Elementen im Dogma von der Dreifaltigkeit oder in den Definitionen der Eucharistie? Ach, Adson, dergleichen sind schöne Spielchen für uns Theologen. Das einfache Volk hat andere Probleme. Und merke: Es löst sie immer falsch. Darum bringt es die Ketzer hervor.«
»Aber warum werden die Ketzer dann von manchen Herren ermuntert?«
»Weil sie manchen Herren ganz gut in den Kram passen – als Spielsteine in einem Spiel, bei dem es meist nicht um Fragen des Glaubens geht, sondern um Fragen der Macht.«
»Ist das der Grund, warum die römische Kirche ihre Gegner stets als Ketzer bezichtigt?«
»Ja, und aus demselben Grund anerkennt sie als rechtgläubig die Ketzerei, die sie unter ihre Kontrolle zu bringen vermag, oder die sie akzeptieren muß, weil sie zu stark geworden ist und es nicht ratsam wäre, sie als Gegner zu haben. Natürlich gibt es dafür keine feste Regel, es kommt immer auf die Menschen und auf die Umstände an. Genauso verhalten sich auch die weltlichen Herren. Vor fünfzig Jahren erließ die
Gemeinde von Padua eine Verordnung, in der als Strafe für Mord an einem Geistlichen die Zahlung eines relativ hohen Bußgeldes festgesetzt wurde . . .«
»Das ist doch keine Strafe für Mord!«
»Genau. Es war eine indirekte Ermunterung der Wut des Volkes auf den Klerus, denn die Gemeinde lag damals im Streit mit dem Bischof. Nun verstehst du auch, warum die Gläubigen zu Cremona vor einigen Jahren den Katharern Unterstützung gewährten: nicht aus Glaubensgründen, sondern um der Kirche in Rom einen Denkzettel zu verpassen. Manchmal ermuntern die Ratsherren einer Stadt auch die Ketzer, das Evangelium in die Volkssprache zu übersetzen, denn die Volkssprache ist heutzutage die Sprache der Städte, Latein ist nur noch die Sprache Roms und der Klöster.Oder sie ermuntern die Waldenser zu behaupten, alle Menschen, Männer und Frauen, Große und Kleine, seien gleichermaßen imstande zu lehren und zu predigen, und wenn ein Handwerksbursche zehn Tage lang unterwiesen worden sei, könne er sich einen anderen suchen, um dessen Lehrer zu werden . . .«
»Womit sie den Unterschied auslöschen, der die Kleriker unersetzlich macht! Aber wie kommt es dann, daß auch die städtischen Magistrate manchmal gegen die Ketzer vorgehen und daß sie der Kirche helfen, sie auf den Scheiterhaufen zu bringen?«
»Weil sie merken, daß ein weiteres Umsichgreifen der Ketzerei auch die Privilegien der Laien, die in der Volkssprache reden, antasten würde. Auf dem Laterankonzil im Jahre 1179 (du siehst, diese Geschichten reichen bald zweihundert Jahre zurück) warnte bereits Walter Map vor den Folgen einer zu großen Nachsicht gegenüber den Jüngern des Wanderpredigers Waldes, den ersten Waldensern, die er Idioten und Illiteraten nannte. Er sagte, wenn ich mich recht entsinne, sie hätten keine feste Bleibe, sie liefen barfuß herum ohne jede Habe, alles gemeinschaftlich teilend, als nackte Jünger dem nackten Christus folgend; noch sei ihre Zahl zwar verschwindend gering und ihr Auftreten äußerst bescheiden, weil sie Ausgeschlossene seien, doch wenn man ihnen zuviel Raum lasse, würden sie eines Tages alle verjagen. Deswegen haben die Städte dann später auch häufig die Bettelorden begünstigt und insbesondere uns Franziskaner, denn wir erlaubten ihnen den Aufbau einer harmonischen Wechselbeziehung zwischen dem Bedürfnis nach Buße und dem städtischen Leben, zwischen der Kirche und den Bürgern, die an ihren Märkten interessiert sind…«
»Und ist es damals gelungen, die Liebe zu Gott mit der Liebe zum Handel in Einklang zu bringen?«
»Nein, die spirituellen Reformbewegungen rannten sich fest und wurden in die festen Bahnen eines vom Papst anerkannten Ordens kanalisiert. Doch was darunter brodelte, wurde nicht kanalisiert. Es mündete einerseits in die Flagellantenbewegung, die niemandem etwas zuleide tut, andererseits in die Gründung bewaffneter Banden wie jener des Fra Dolcino oder auch in die Gründung geheimbündlerischer Sekten mit magischen Ritualen wie denen der Brüder von Montefalco, von denen Ubertin sprach . . .«
»Aber wer war dann im Recht?« fragte ich bestürzt. »Wer ist im Recht und wer ist im Unrecht?«
»Alle waren auf ihre Weise im Recht, und alle waren im Unrecht . . .«
»Aber Ihr müßt doch eine Meinung haben!« begehrte ich auf. »Warum nehmt Ihr nicht Stellung, warum sagt Ihr mir nicht, wo die Wahrheit liegt?«
William verharrte einen Augenblick schweigend und hob die Linse, an der er gerade feilte, gegen das Licht. Dann senkte er sie auf den Tisch und zeigte mir durch die Linse hindurch eine Feile. »Schau her«, sagte er. »Was siehst du?«
»Die Feile, ein wenig vergrößert.«
»Eben. Das Äußerste, was man tun kann, ist, besser hinzuschauen.«
»Aber die Feile bleibt immer dieselbe!«
»Auch die Handschrift des Venantius bleibt immer dieselbe, wenn es mir dank dieser Linse gelungen sein wird, sie zu lesen. Aber wenn ich sie dann gelesen habe, kenne ich vielleicht ein bißchen mehr von der Wahrheit. Und vielleicht können wir dann das Leben dieser Abtei ein wenig verbessern.«
»Aber das genügt nicht!«
»Ich sage hier mehr, als es dir scheinen mag, lieber Adson. Ich habe dir schon öfter von Roger Bacon erzählt. Er war vielleicht nicht der Weiseste aller Zeiten, aber ich war stets fasziniert von der Hoffnung, die seine Liebe zur Weisheit beseelte. Bacon glaubte an die Kraft des einfachen Volkes, an seine Bedürfnisse und geistigen Inventionen. Er wäre kein guter Franziskaner gewesen, wenn er nicht gedacht hätte, daß die Armen und Entrechteten, die Idioten und Illiteraten oft mit dem Munde Unseres Herrn sprechen. Hätte er die Fratizellen näher kennengelernt, er wäre ihnen mit größerer Aufmerksamkeit gefolgt als den Provinzialen des Ordens. Die einfachen Laien haben etwas, das den hochgelehrten Doktoren, die sich oft in der Suche nach den allgemeinen Gesetzen verlieren, abgeht: die Intuition des Individuellen. Aber diese Intuition allein genügt nicht. Die einfachen Laien fühlen eine Wahrheit, die vielleicht wahrer ist als die Wahrheit der Theologen, doch dann vergeuden sie diese gefühlte Wahrheit in unbedachten Aktionen. Was kann man dagegen tun? Den Laien die Wissenschaft bringen? Das wäre zu einfach oder vielleicht auch zu schwierig. Und außerdem welche Wissenschaft? Die der Bücher in Abbos Bibliothek? Die französischen Meister haben sich dieses Problem gestellt. Der große Bonaventura sagte, die Gelehrten müßten die Wahrheit, die in den Aktionen der einfachen Leute steckt, zu begrifflicher Klarheit bringen . . .«

Nachbemerkung: Wie schon angekündigt, im Folgenden zusammengefasst meine spontanen Gedanken, die mir beim Lesen aufkamen. Zusammengefasst, weil in einem persönlichen Gespräch viel mehr Interpretation möglich wäre, auch wenn hier schon viele Gedanken aufgeführt sind. Ich gehe dabei überwiegend auf Parallelen zur heutigen Zeit ein. Wir schauen hier auf einen Roman, der historisch verdammt gut recherchiert ist und bei dem Parallelen zur heutigen Zeit (zumindest die 1980er Jahre) durchaus beabsichtigt waren. Trotzdem entsprechen die nachfolgenden Ausführungen nur meiner subjektive Sicht und dienen deshalb nur zur Anregung.
x Zu Beginn des Textes sagt William von Baskerville, dass „viele der Bewegungen (…) vor mindestens zweihundert Jahren entstanden sind„.
In der veröffentlichten Meinung werden gerne mal ganze Passagen über die Entstehung eines Konfliktes einfach weggelassen. Es wird einfach da angesetzt, wo es in das Bild passt. Auf diesen Trick sollten wir nicht hereinfallen. Es kostet zwar Mühe, die Hintergründe genauer zu recherchieren, wenn die Presse dieser Aufgabe nicht gerecht wird. Es lohnt sich aber, weil dabei durchaus ein völlig anderes Bild entstehen kann. Ich verzichte hier auf die offensichtlichen Beispiele.
x Aber wir sollten uns nicht scheuen über die Jahrhunderte zu denken. Bei der Manipulation des „kleinen Mannes“ erkennen wir beispielsweise eine Kontinuität in der Geschichte über Jahrtausende. Es ist nicht immer alles ein Produkt von „Angebot und Nachfrage“ oder dem „Zeitgeist„. Manchmal stehen langfristig gedachte Vorhaben dahinter und werden mit dem Haus und Grundstück auch an die Nachkommen vererbt.
x Aber sprechen wir nun von „Bewegungen“ in dem Sinne wie von William gemeint, nämlich religiöse Strömungen als eine Gruppe organisiert, welche von der Institution Kirche als „Ketzer“ bezeichnet und verfolgt werden.

Im Text wird aufgeführt, wie diese „Ketzer“ in ihrer Unterschiedlichkeit von der Kirche in einen Topf geworfen werden, in den Ketzertopf.

So haben die Katherer und Waldenser völlig unterschiedliche Programme und Ansichten, werden aber beide als Ketzer zusammengefasst.

Man denke in dem Kontext wie sich heutzutage darum bemüht wird, rechte und linke „Ketzer“ in einen Topf zu werfen. Das Ganze bezeichnet man als „Querfront“ und sorgt so dafür, dass Systemkritiker diskreditiert werden und sich so wenig Menschen wie möglich dieser Kritik anschliessen wollen. Zitat, Adson von Melk (der andere Gesprächspartner im Text): „Aber, wenn man von Ketzern spricht, meint man sie immer alle gemeinsam„. Antwort William: „Ja, aber das ist eine der Arten, wie  die Ketzerei sich verbreitet. Und es ist zugleich eine der Arten, wie sie zerstört wird.“

x So können „Verbrechen“ der „Sektierer“ sofort allen „Sektierern„, allen Bewegungen zugeschrieben werden. Gewalttätige Gruppen können somit mit pazifistischen Bewegungen vermischt werden. Praktisch.
x „Die einfachen Leute, lieber Adson, können sich die Häresie nicht aussuchen.“ Auch heute ist zu beobachten, dass unzufriedene Menschen je nach den umgebenden Zuständen auch mal in die falschen Hände geraten. Rechte „Rattenfänger“ halten genau nach diesen armen Menschen (die ich nicht Ratten nennen will) Ausschau. „Sie halten sich immer an den, der gerade in ihrer Gegend prädigt, der durch ihr Dorf kommt, oder auf ihren Plätzen spricht.“
x Trotz Diskreditierung werden bestimmte Abweichler gerne vom System eingespannt. Dieses Phänomen wird auch von William angesprochen. Die Ideologie ist im Prinzip egal. Hauptsache es passt in den Kram.
So wird heute ein wenig links akzeptiert, wenn es darum geht das wirkliche links zu unterdrücken.
Auch gelten Terroristen (die wohl passendste Parallele zur „Bewegung“ im Sinne von William, wenn man sich die radikalen Gruppierungen anschaut) mal als Feinde, mal als Freunde. Getreu nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Wenn die Terrorgruppe nicht vollkommen selbst durch Geheimdienste oder finanzielle Ströme erschaffen wurde. Nach William werden Ketzer direkt aus Kalkül für die eigenen Ziele der Mächtigen eingespannt, oder aber, wenn eine Gruppe zu stark wird und nicht mehr ignoriert werden kann („nicht ratsam sie als Gegner zu haben„).
Adson: „Aber warum werden die Ketzer dann von manchen Herren ermuntert?„. William: „Weil sie manchen Herren ganz gut in den Kram passen – als Spielsteine in einem Spiel, bei dem es meist nicht um Fragen des Glaubens geht, sondern um Fragen der Macht.
x Zitat Adson: „Demnach, erbt also jede neue Bewegung die Kinder der Eltern?„. Gehen wir mit der „Bewegung“ weg von den Terroristen und der manipulierenden Elite und bleiben bei der politisch abweichenden Meinung und spannen das weiter zu den Protestbewegungen von heute. Wie viel Veränderung ist eigentlich möglich? Menschen protestieren schon seit Ewigkeiten, trotzdem sieht der Planet aus wie ein einziger Kackhaufen (Bspl: seit den 1970ern hat sich die Anzahl der Arten halbiert). Trotz dem Vorhaben den Hunger auszumerzen, hungern immer noch Menschen.
Für wirkliche Veränderungen muss man sich durchaus von den „Geschichten über andere Reformatoren“ der Eltern trennen und neue Methoden zur Veränderung heranziehen. Apps, die den Stromverbrauch aufzeichnen, zählen sicherlich nicht dazu. Die vielen Veränderungen zum Guten sollen nicht unter den Tisch gekehrt werden. Aber die zweite Hälfte der verlorenen Arten bringen sie leider nicht zurück.
x William: „Vor fünfzig Jahren erließ die Gemeinde von Padua eine Verordnung, in der als Strafe für Mord an einem Geistlichen die Zahlung eines relativ hohen  Bußgeldes festgesetzt wurde.“ Auch für vom Staat beauftragte Terroristen und Folterer gibt es heute (ich habe dabei speziell die Operation Gladio und Guantanamo im Kopf) nicht allzu hohe Strafen für Mord und Misshandlungen.
x William: „Und bitte glaube mir, das was ich dir hier zu erklären versuche, ist mir selber nicht völlig klar.“ Jeder kennt sie (oder ist selbst betroffen?): Menschen, die ihre Meinung vertreten. Das ist an sich noch nichts schlechtes. Ich meine aber Menschen, die vehement ihre Meinung vertreten. Menschen, die „wissen, dass sie wissen„. Es sollte uns allen klar werden, dass wir nie die letztendliche Wahrheit wissen. Jeder konstruiert seine eigene Wahrheit, das ist unter dem Begriff Konstruktivismus auch wissenschaftlich nachzulesen. Menschen, die trotzdem rot werden bei einem „Streitgespräch„, oder vor lauter Arroganz den anderen als unwissend ansehen, brauchen meiner Meinung nach Nachhilfe, in schlimmeren Fällen sogar Hilfe in Form von Therapie. Was haben Talkshows dann eigentlich für einen Sinn? Uns werden eh immer Informationen vorenthalten. Der einzige Weg zur Wahrheit (zumindest zur Annährung) ist die Kooperation, also das gemeinsame Finden der Wahrheit! Man sollte sich also eine Scheibe von William abschneiden (auch wenn ein viel zu offenes Weltbild dazu verleitet alles als unwahr anzusehen und sicherlich auch nicht zu empfehlen ist. Auch William hat übrigens „zuweilen ein wenig [mit] dem Laster der Eitelkeit“ [Roman, S. 36] zu kämpfen, wobei ich das im Kontext des überzogenen Eitelkeitsverbot der Mönche sehe).
William später im Verlauf: „Das Äußerste, was man tun kann, ist, besser hinzuschauen.
x „Nun, du kennst doch die gängige Vorstellung von der Konstitution des Christen Volkes. Eine große Herde, bestehend aus weißen und schwarzen Schafen, zusammengehalten von scharfen Hunden, das heißt von den Kriegern oder der weltlichen Macht, vom Kaiser und seinen Fürsten, das Ganze geführt von sorgsamen Hirten, das heißt von den Klerikern, den Interpreten der Worte Gottes. Das Bild ist klar.“ Kein Kommentar (auch wenn die Gruppen bei der heutigen Interpretation ausgetauscht werden müssen, existiert auch heute ein System das sich mit Begriffen wie Schaafe und Hirten gut darstellen lässt).
x Beim Streit der Hunde und Hirten bleiben einige Menschen außen vor. William: „An den Rändern – Bauern, die keine Bauern mehr sind, weil sie kein Land haben oder weil ihr Land sie nicht mehr ernährt, Bürger, die keine Bürger mehr sind, weil sie zu keiner Zunft oder Innung gehören, kleines Volk, leichte Beute für jedermann. Bist du auf deinen Reisen niemals den Aussätzigen begegnet„. Eben in dem Milieu der Ausgestoßenen finden die radikalen Gruppen ihren Nachwuchs. Man denke an die Banlieues in Frankreich. Über die Situation der Ausgestoßenen spricht William im Text ja noch ausführlicher. „Die Herde hasst sie, und sie hassen die Herde. Sie wünschen ihr den Tod (…)„. Die ins Elend gestürtzten Menschen sollten aus ihrer Misslage befreit werden, anstatt dass sich immer nur bei Terroranschlägen über die bösen Terroristen beschwert wird. William: „Eine Reintegration der Ausgeschlossenen würde unvermeidlich zu einer Schmälerung ihrer Privilegien [der Machthaber] führen.“
x Die Geschichte über den heiligen Franziskus und die Vögel. Adson kannte sie ganz anders als William. Adsons Version war die, dass Franz mit Singvögeln-, Williams, dass er mit Raubvögeln sprach. Ein Beispiel für Geschichtsfälschung (in dem Fall: „Verniedlichung„), ein gängiges Mittel, die Dinge zu verdrehen.
x „Bacon glaubte an die Kraft des einfachen Volkes, an seine Bedürfnisse und geistigen Inventionen. Er wäre kein guter Franziskaner gewesen, wenn er nicht gedacht hätte, daß die Armen und Entrechteten, die Idioten und Illiteraten oft mit dem Munde Unseres Herrn sprechen.“ Die „Intuition des Individuellen“ wird heute gerne mal demokratieskeptisch von vermeintlichen „Demokraten“ abgelehnt. Dem Volk ist nicht zuzutrauen zu entscheiden. Dies übernehmen lieber die Lobbyisten. „Wie bleibt man den Erfahrungen der einfachen Leute nahe, indem man sich sozusagen ihre operative Kraft, ihre Handlungsfähigkeit bewahrt, um damit ihre Welt zu verändern und zu verbessern?„Auch wir Menschen von heute streben nach Verbesserungen. Unsere „operative Kraft“ lässt leider oft zu wünschen übrig, wie oben ausgeführt (Stichwort Kackhaufen).
x „Die einfachen Laien fühlen eine Wahrheit, die vielleicht wahrer ist als die Wahrheit der Theologen, doch dann vergeuden sie diese gefühlte Wahrheit in unbedachten Aktionen.“ Leider ist es mit Petitionen unterschreiben nicht getan (in denen man sich darüber hinaus oft auch nur finanziell beteiligen kann).  Es sind grundlegende Veränderungen vonnöten, auch Veränderungen der inneren Einstellung, um wirkliche Veränderungen herbeizuführen. Der Mensch muss sich wie Kant sagte „von seiner eigenen Unmündigkeit befreien“ (wobei ich mich hier für das idealistische Geschreibe entschuldige, aber insgesamt gesehen ist das halt nötig). Dazu die finale Passage aus meinem Text „Erkenne und verändere dich selbst!„, die meiner Meinung nach die Triebfeder für wirkliche Veränderung zusammenfasst:
Der einzige Weg, die Welt davor zu bewahren, ins totale Chaos zu verfallen und dauerhaft Frieden zu schaffen, Frieden, der die Erde, und die potentiell von den Menschen als besiedelbar ins Auge gefassten weiteren Planeten, bewohnbar hielte, geht mit einem radikalen Umdenken einher. Die Revolution darf nicht, wie oft gefordert, auf einen blosen Systemwechsel abzielen. Ihr muss eine Revolution im Kopf vorausgehen. Es ist ein langer Prozess der Selbsterkenntniss, ein langer Prozess der Selbstveränderung. Welche auch nur fruchten kann, wenn der Mensch anfängt als Spezies zu denken. Und welche auch nur funktionieren wird, wenn den jüngsten in der Gesellschaft, den Kindern, nicht vorenthalten wird, sich selbst zu verwirklichen. In einem Stadium, in dem ein Sich ändern nicht mal mehr vonnöten wäre, weil noch das angeborene Gefühl für Recht und Unrecht bestünde.“
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Die Rückkehr der Söldner

Ein journalistisches Meisterstück über die Geschichte und Gegenwart des Söldnertums! Inmitten von Verschleierung und Überflutung mit Belanglosem, die im heutigen Jornalismus allgegenwärtig sind, liefert Tom Schimmeck im Deutschlandfunk eine  Beschreibung des privatisierten Krieges, der meinen Körper von oben nach unten mit einer Gänsehaut überzog. Trotz Leseempfehlung des ganzen Artikels folgend noch ein paar Zitate. Hier gehts zum Artikel.

„Heute erleben wir, dass die Welt der Söldner zurückkehrt. Deswegen wird nicht der Himmel einstürzen. Private Kriegsführung ist vielleicht nicht gut und nicht moralisch, aber historisch ist sie die Norm.“ […]

Begriffe wie „Special Risk Operator“ oder „High Risk Leader“. Wortgebilde, an denen George Orwell seine Freude gehabt hätte. Was war sein Job? McFate wird einsilbig. „Ich sage mal: Die Industrie, in der ich gearbeitet habe, hat Sachen getan, die traditionell die CIA oder Special Forces übernahmen.“ […]

Warum sollte ein Staat überhaupt hoheitliche Aufgaben an Konzerne delegieren? Ein Söldner, erklärt McFate lächelnd, stehe unter weniger Zwängen als eine Amtsperson. Er etwa genoss in Liberia volle Flexibilität:

„An einem typischen Tag habe ich zum Beispiel mit jemandem von der US-Botschaft gefrühstückt, dann mit Liberias Verteidigungsminister zu Mittag gegessen und abends ein paar Drinks mit einem Warlord und seinen muskelbepackten Kindersoldaten genommen. Das könnte ein US-Oberst oder –Diplomat nicht machen.“ […]

Für die Medien posierte Müller mit Eisernem Kreuz und Speer. „Ich habe den Westen, die westliche Freiheit, im Kongo verteidigt.“ […]

„Wenn wir heute eine Industrie schaffen, die in Konflikte investiert, wird diese an den konfliktträchtigsten Orten der Welt auftauchen; sie wird Kriege beginnen – und in die Länge ziehen.“ […]

„Die USA haben diese Branche in 15 Jahren Krieg im Irak und Afghanistan von einer Multi-Millionen- zu einer Multi-Milliarden-Branche hochkatapultiert.“ […]

„Zuallererst ist da ein ethisches Problem: Das Töten wird mit dem Profitgedanken verknüpft. Feuern wir so Kriege und Konflikte an? Die Antwort lautet: Ja.“ […]

„Ich weiß nicht, was wir tun können, um das staatliche Gewaltmonopol wiederherzustellen.“ Sean McFate wirkt tief beunruhigt. „Die USA haben nichts getan, um diese Branche unter Kontrolle zu halten. Es gibt keine Strafverfolgung. Wir werden in Zukunft noch mehr Söldner sehen.“ Das sei gelebte Deregulierung. Aus seiner Sicht fatal.

„Wir haben mehr Gesetze über die Herstellung von Spielzeugautos als über das Outsourcen von Feuerkraft. Was diese sehr wichtige Frage angeht, leben wir im Grunde in einem gesetzlosen Land.“

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Bild übernommen aus http://www.deutschlandfunk.de/privatisierter-krieg-die-rueckkehr-der-soeldner.724.de.html?dram:article_id=387559, dazu die Unterschrift: „Mitarbeiter der privaten US-Sicherheitsfirma Blackwater bei einem Bereich ihrer Arbeit: Personenschutz im Irak. (picture alliance / dpa / Ali Haider)“

 

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Entschleunigung

Zwei kurze Geschichten zum Thema „Entschleunigung“. Die erste (1) ist aus dem Buch von  Lothar J. Seiwert: „Wenn Du es eilig hast, gehe langsam“ (S. 21), die zweite ist die Kurzgeschichte „Schnell gelebt“ von Kurt Kusenberg. Eine PDF-Datei ist hier zu finden.

(1)

Till Eulenspiegel ging eines schönen Tages mit seinem Bündel an Habseligkeiten zu Fuß zur nächsten Stadt. Auf einmal hörte er, wie sich schnell Hufgeräusche näherten und eine Kutsche hielt neben ihm.

Der Kutscher hatte es sehr eilig und rief: “Sag schnell – wie weit ist es bis zur nächsten Stadt?”

Till Eulenspiegel antwortete: “Wenn Ihr langsam fahrt, dauert es wohl eine halbe Stunde. Fahrt Ihr schnell, so dauert es zwei Stunden, mein Herr.”

“Du Narr” schimpfte der Kutscher und trieb die Pferde zu einem schnellen Galopp an und die Kutsche entschwand Till Eulenspiegels Blick.

Till Eulenspiegel ging gemächlich seines Weges auf der Straße, die viele Schlaglöcher hatte. Nach etwa einer Stunde sah er nach einer Kurve eine Kutsche im Graben liegen. Die Vorderachse war gebrochen und es war just der Kutscher von vorhin, der sich nun fluchend daran machte, die Kutsche wieder zu reparieren.

Der Kutscher bedachte Till Eulenspiegel mit einem bösen und vorwurfsvollen Blick, worauf dieser nur sagte: “Ich sagte es doch: Wenn Ihr langsam fahrt, eine halbe Stunde…”

(2)

Schon als Kind erregte er Verwunderung. Er wuchs wie aus der Pistole geschossen und gab das Wachsen ebenso plötzlich wieder auf. Beim Sprechen verhaspelte er sich, weil die Gedanken den Worten entliefen; er war blitzschnell in seinen Bewegungen und wurde oft gleichzeitig an verschiedenen Orten gesehen. Alljährlich übersprang er eine Schulklasse; am liebsten hätte er sämtliche Klassen übersprungen. Aus der Schule entlassen, nahm er eine Stellung als Laufbursche an. Er war der einzige Laufbursche, der je gelaufen ist. Von seinen Botengängen kehrte er so rasch wieder zurück, dass man nicht annehmen konnte, er habe sie wirklich ausgeführt, und ihn deshalb entließ. Er warf sich auf die Kurzschrift und schrieb bald fünfhundert Silben in der Minute. Trotzdem mochte kein Büro ihn behalten; denn er datierte die Post um Wochen vor und gähnte gelangweilt, wenn seine Vorgesetzten zu langsam diktierten.

Nach kurzem Suchen, das ihn endlos dünkte, stellte man ihn als Omnibusfahrer ein. Mit Schaudern dachte er später an diese Tätigkeit zurück, die darin bestand, einen fahrenden Wagen fortwährend anzuhalten. Vor ihm winkten Strassenfluchten, die zu durcheilen genussvoll gewesen wäre. An den Haltestellen aber winkten Leute, die einsteigen wollten, und ihnen musste er folgen. Eines Tages aber achtete er der Winkenden nicht, sondern entführte den Omnibus in rasender Gangart weit über das Weichbild der Stadt; so fand auch diese Betätigung ein Ende. Der Fall kam in die Zeitungen und erregte die Aufmerksamkeit sportlicher Kreise. Seine Laufbahn vom Sechstagefahrer bis zum Rennfahrer war ein einziger Triumphzug. Große Firmen rissen sich um seine Gunst; die geldkräftigste obsiegte, sie machte ihn zum Teilhaber. In leitender Stellung bewährte er sich und war ein gefürchteter Verhandlungsführer, der seine Gegner verwirrte und überrannte.

Wenige Stunden nach dem Entschluss, einen Hausstand zu gründen, hielt er um die Olympiasiegerin im Hundertmeterlauf an, jagte mit ihr vom Stadion in das Standesamt und erzwang eine Notheirat. Gleiche Neigungen verbanden sich zu einzigartigen Leistungen. Die junge Frau setzte alles daran, hinter ihm nicht zurückzustehen. Sie erledigte ihre häuslichen Pflichten mit dem Zeitraffer, trug im Winter schon Sommerkleidung und gebar vor der Zeit, nämlich mit fünf Monaten, ein Fünfmonatskind, das schon in der Wiege fließend sprach und das Laufen noch vor dem Gehen erlernte. Sie erfand neue Schnellgerichte, die man im Flug einnahm und sogleich verdaute. Die Dienstboten wechselten täglich, später stündlich; endlich geriet sie an einen Speisewagenkoch und zwei Flugzeugkellner, die das Zeitmaß begriffen und blieben. Sie war ihrem Gatten in jeder Hinsicht eine Stütze.

Der fuhr fort, sein Leben zu beschleunigen. Da er viel schneller schlief als andere Leute, benötigte er weniger Schlaf. Wenn er sich ins Bett warf, träumte er schon, und bevor ihn der Traum recht umfangen hatte, war er bereits wieder wach. Er frühstückte in der Badewanne und las beim Anziehen die Zeitung. Eine eigens erbaute Rutschbahn beförderte ihn aus der Wohnung in das Auto, das mit angelassenem Motor vor der Haustür hielt und sofort davon schoss. Er sprach so knapp, als telegraphiere er, und wurde von langsamen Menschen selten verstanden. Er versäumte keine sportliche Veranstaltung, bei der es um Schnelligkeit ging, und setzte Preise für Höchstleistungen aus; sie kamen nie zur Verteilung, weil die Bedingungen unerfüllbar waren. Einen Teil seines schnell erworbenen Vermögens steckte er in den Raketenbau. Die erste bemannte Rakete, die abgeschossen wurde, enthielt ihn. Es war die schönste Fahrt seines Lebens.

Die Folgen eins so hastigen Daseins blieben nicht aus. Er alterte bedeutend rascher als seine Umwelt, war mit fünfundzwanzig Jahren silbergrau und mit dreißig ein gebrechlicher Greis. Ehe die Wissenschaft sich des seltsamen Falles annehmen konnte, starb er und zerfiel, da er die Verbrennung nicht abwarten wollte, im gleichen Augenblick zu Asche. Es blieb ihm erspart, die Enttäuschung zu erleben, dass die Nachrufe einen Tag zu spät in den Zeitungen erschienen.

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Kieselsteingeschichte

(Ein Text aus meinen Uni-Unterlagen zum Thema: „Prioritäten im Leben setzen“ und „Zeitmanagement“. Wenn ich mich nicht täusche geht sie auf das Buch „Die sieben Wege zur Effektivität“ von Stephen R. Covey (oder einem anderen Buch dieses Autors) zurück, ich habe jedoch nicht die Möglichkeit dies zu überprüfen.)

Eines Tages war ein alter Professor beauftragt, einer Gruppe von Geschäftsführern ein Ausbildungskurs in effizienter Zeitplanung zu geben. Dieser Kurs machte eine von fünf Einheiten eines Seminartages aus, daher hatte der Professor nur eine Stunde zur Verfügung um seine Botschaft zu vermitteln.

Aufrecht vor dieser Elitetruppe, die bereit war, alles aufzuschreiben, was der alte Professor sagte, schaute der Dozent einem nach dem anderen langsam in die Augen, um schließlich langsam anzukündigen: „Wir werden miteinander ein kleines Experiment machen.

Der alte Professor stellte vorsichtig einen großen Glaskrug auf den Tisch und füllte ihn mit etwa einem Dutzend tennisballgroßer Steine, die er bedächtig in den Glaskrug setzte, bis der Krug randvoll war und darin kein Platz mehr war. Da erhob der alte Professor den Kopf: „Ist der Krug voll?“ fragte er. Alle antworteten: „Ja!“ Er wartete und frage nach: „Tatsächlich?

Darauf bückte er sich, holte ein Gefäß mit Kieselsteinen hervor und füllte bedächtig den Glaskrug – rührte um – füllte nach – bis die Kieselsteine alle Lücken füllten.

Der alte Professor hob erneut den Kopf und fragte: „Ist der Krug voll?“ Die Teilnehmer waren unruhig – einer antwortete „Wahrscheinlich nicht.“ – „Gut“, antwortete der Professor. Er neigte sich nach unten und holte diesmal einen Eimer mit Sand. Bedächtig goss er den Sand in den Glaskrug. Der Sand schickte sich an, die Räume zwischen den großen Steinen und dem Kies zu füllen.

Noch einmal fragte der Professor: „Ist der Krug voll?“ – Ohne zu zögern, entgegneten alle Schüler „Nein!“ – „Gut.“ Gerade so als ob die hochgepriesenen Schüler eine Fortsetzung erwarteten, nahm der Professor eine Kanne mit Wasser und goss das Wasser in den Krug bis der Krug randvoll war. Nun erhob sich der Professor und frage die Gruppe: „Was will uns dieses Experiment sagen?

Der Mutigste unter den Zuhörern meinte, in Anbetracht des Kursthemas: „Es zeigt uns, dass wir sogar dann, wenn wir meinen, dass unser Kalender randvoll ist, noch weitere Termine vereinbaren und Dinge erledigen können, wenn wir es wirklich wollen.

Nein“, sagte der alte Professor – „Darum geht es nicht. Die große Wahrheit, die uns dieses Experiment zeigt, ist die folgende: Wenn wir nicht als Erstes die großen Steine in den Krug setzen, bringen wir die anderen Dinge nicht mehr hinein.“ Darauf erfolgte tiefes Schweigen, die Offensichtlichkeit seiner Worte leuchtete jedem ein.

Was sind die großen Steine in Ihrem Leben?“, frage der Professor. „Gesundheit? – Familie? – Freunde? – Die Verwirklichung Ihrer Träume? – Tun, was Ihnen gefällt? Oder: Etwas ganz anders?

Nehmen Sie daraus mit, dass es wichtig ist, zuerst die großen Steine im Leben zu platzieren, sonst laufen wir Gefahr, erfolglos zu sein. Wenn wir den Nebensächlichkeiten den Vorrang geben, also etwa Kies, Sand und Wasser, dann füllen wir unser Leben damit auf, und am Ende fehlt uns die kostbare Zeit, um uns den wichtigen Aspekten unseres Lebens zu widmen. Vergessen sie daher nicht die Frage: Was sind die großen Steine in Ihrem Leben?

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Fjodor Dostojewski: Der Großinquisitor (Die Brüder Karamasow)

Nachfolgend ein Auszug aus dem fünften Kapitel des Buches Die Brüder Karamasow von Fjodor Dostojewski, wobei es auch als eigene Erzählung in Buchform erschienen ist (siehe Bild). Ein Hoch auf das Projekt-Gutenberg (über Spiegel-Online), aus dem ich den Text entnommen habe. Unter diesem Link (klick) kann der Text in verschiedenen Formaten, z.B. für den E-Reader, heruntergeladen werden. Ganz unten auf der Seite sind noch zwei gesprochene Versionen über Youtube zu finden. Wie schon im letzten Text in der Kategorie Grübelstübchen-Literatur erwähnt, werden die Texte in dieser Kategorie i.d.R. unkommentiert bleiben, um die Interpretation gänzlich dem Leser zu überlassen.

»Es geht auch hier nicht ohne Vorrede ab, das heißt ohne literarisches Vorwort, hol’s der Teufel!« begann Iwan lachend. »Und dabei: Was bin ich schon für ein Autor! Die Handlung spielt bei mir im sechzehnten Jahrhundert; und damals, das muß dir übrigens noch von der Schule her bekannt sein, war es eben üblich, in poetischen Erzeugnissen die himmlischen Mächte auf die Erde herabzuholen. Von Dante will ich gar nicht erst reden. In Frankreich gaben die Gerichtsschreiber und auch die Mönche in den Klöstern ganze Vorstellungen, in denen sie die Madonna, die Engel, die Heiligen, Christus und Gott selbst auf die Bühne brachten. Das geschah damals in vollkommener Einfalt. In Victor Hugos ›Notre-Dame de Paris‹ wird zur Zeit Ludwigs des Sechzehnten zu Ehren der Geburt des französischen Dauphins dem Volk im Rathaussaal von Paris eine Gratisvorstellung gegeben unter dem erbaulichen Titel: ›Le bon jugement de la tres sainte et gracieuse Vierge Marie‹, worin auch sie persönlich erscheint und ihr ›bon jugement‹ verkündet. Vor Peter dem Großen wurden bei uns in Moskau manchmal ähnliche, beinahe dramatische Vorstellungen veranstaltet, besonders aus dem Alten Testament. Zu jener Zeit waren in aller Welt auch viele Erzählungen und Gedichte im Umlauf, in denen nach Bedarf Heilige, Engel und himmlische Heerscharen handelnd auftraten. In unseren Klöstern beschäftigten sich die Mönche ebenfalls mit dem Übersetzen und Abschreiben, ja sogar mit dem Verfassen solcher Gedichte – und das selbst unter dem Tatarenjoch. Es gibt zum Beispiel eine kleine klösterliche Dichtung, selbstverständlich aus dem Griechischen: ›Die Wanderung der Mutter Gottes durch die Qualen‹, mit Schilderungen von einer Kühnheit, die der Dantes nicht nachsteht. Die Mutter Gottes besucht die Hölle, und der Erzengel Michael führt sie durch die ›Qualen‹. Sie sieht die Sünder und ihre Martern. Da ist unter anderem eine sehr interessante Klasse von Sündern in einem brennenden See: Einige von ihnen versinken so tief, daß sie nicht mehr an die Oberfläche kommen können; diese ›vergißt Gott schon‹ – ein Ausdruck von außerordentlicher Tiefe und Kraft. Und da fällt die Mutter Gottes erschüttert und weinend vor Gottes Thron nieder und bittet für alle in der Hölle um Begnadigung, für alle, die sie dort gesehen hat, ausnahmslos. Ihr Gespräch mit Gott ist höchst interessant. Sie fleht, sie läßt nicht ab, und als Gott sie auf die von Nägeln durchbohrten Hände und Füße ihres Sohnes hinweist und fragt: ›Wie kann ich denn seinen Peinigern verzeihen?‹, da befiehlt sie allen Heiligen, allen Märtyrern, allen Engeln und Erzengeln, mit ihr zusammen vor Gott niederzufallen und um die Begnadigung aller zu bitten. Es endet damit, daß sie von Gott das Verstummen der Qualen alljährlich von Karfreitag bis Pfingsten erlangt; die Sünder aus der Hölle danken dem Herrn sogleich und rufen: ›Gerecht bist du, o Herr, daß du so gerichtet hast.‹ Siehst du, von dieser Art wäre auch meine kleine Dichtung gewesen, wenn sie zu jener Zeit erschienen wäre. Bei mir tritt Er auf; allerdings spricht Er nicht, sondern erscheint nur und geht vorüber. Fünfzehn Jahrhunderte sind vergangen, seit Er die Verheißung gegeben hat, Er werde wiederkommen und sein Reich aufrichten, fünfzehn Jahrhunderte, seit sein Prophet schrieb: ›Ich komme bald, von dem Tag und der Stunde aber weiß nicht einmal der Sohn, sondern allein mein himmlischer Vater.‹ Aber die Menschheit erwartet Ihn noch immer mit dem früheren Glauben und der früheren Sehnsucht, sogar mit größerem Glauben, denn fünfzehn Jahrhunderte sind schon vergangen seit der Zeit, da der Himmel aufgehört hat, dem Menschen Unterpfänder zu geben.

Was dein Herz dir sagt, das glaube, denn der Himmel gibt kein Pfand.

So war denn nur der Glaube an das geblieben, was das Herz sagte! Allerdings geschahen damals auch viele Wunder. Es gab Heilige, die wunderbare Heilungen ausführten. Zu manchen Gerechten stieg, so die Angaben in ihren Lebensbeschreibungen, die Himmelskönigin selbst herab. Aber der Teufel schläft nicht, und es regten sich in der Menschheit schon Zweifel an der Wahrheit dieser Wunder. Zu jener Zeit war im Norden, in Deutschland, gerade eine schreckliche neue Ketzerei aufgetreten. Ein großer Stern, ›ähnlich einer Fackel, fiel auf die Wasserbrunnen, und sie wurden bitter‹. Die Anhänger dieser Ketzerei begannen gotteslästerlich die Wunder zu leugnen. Doch um so feuriger glaubten die Treugebliebenen. Die Tränen der Menschheit stiegen zu Ihm auf wie ehemals. Die Menschen erwarteten Ihn, liebten Ihn, hofften auf Ihn wie ehemals. So viele Jahrhunderte hatte die Menschheit in leidenschaftlichem Glauben gefleht: ›Herr Gott, erscheine uns!‹ So viele Jahrhunderte hatten sie nach Ihm gerufen, daß es Ihn in seinem unermeßlichen Erbarmen verlangte, zu den Betenden hinabzusteigen. War Er doch auch schon früher manchmal hinabgestiegen und hatte einzelne Gerechte, Märtyrer und fromme Eremiten auf Erden besucht, wie in ihren Lebensbeschreibungen zu lesen steht. Bei uns hat das Tjutschew, von der Wahrheit seiner Worte zutiefst überzeugt, so ausgedrückt:

In Knechtsgestalt, vom Kreuze schwer gedrückt,
durchzog er segnend jede Erdenzone.
Er, den als König aller Welten schmückt
auf höchstem Himmelsthron die Herrscherkrone.

Und so ist es auch tatsächlich geschehen, das sage ich dir. Also es verlangte Ihn, sich dem Volk zu zeigen, wenn auch nur für ganz kurze Zeit, dem leidenden, schwer sündigenden, aber Ihn doch kindlich liebenden Volk. Die Handlung spielt bei mir in Spanien, in Sevilla, in der furchtbarsten Zeit der Inquisition, als zum Ruhme Gottes täglich die Scheiterhaufen loderten und

in den Flammen prächtiger Autodafés
verbrannten die schändlichen Ketzer.

Es war dies freilich nicht jenes Herniedersteigen, bei dem Er gemäß seiner Verheißung am Ende der Zeiten in all seiner himmlischen Herrlichkeit erscheinen wird und welches plötzlich stattfinden soll, ›wie der Blitz scheinet vom Aufgang bis zum Niedergang‹. Nein, es verlangte Ihn, wenn auch nur für sehr kurze Zeit, seine Kinder zu besuchen, und zwar vor allem dort, wo gerade die Scheiterhaufen der Ketzer prasselten. Nun wandelt Er in seiner unermeßlichen Barmherzigkeit noch einmal unter den Menschen in eben jener Menschengestalt, in der Er fünfzehn Jahrhunderte früher dreiunddreißig Jahre unter ihnen geweilt hat. Er steigt hinab auf die heißen Straßen und Plätze der südlichen Stadt, wo erst tags zuvor in Gegenwart des Königs, des Hofes, der Ritter, der Kardinäle und der reizendsten Damen des Hofes sowie der ganzen zahlreichen Einwohnerschaft von Sevilla auf Geheiß des Kardinal-Großinquisitors in einem Zug fast hundert Ketzer ad majorem gloriam Dei verbrannt worden sind. Er erscheint still und unauffällig, und siehe da, es geschieht etwas Seltsames. Alle erkennen Ihn. Und woran sie Ihn erkennen – das könnte eine der besten Stellen meiner Dichtung sein. Die Volksmenge strebt mit unwiderstehlicher Gewalt zu Ihm hin, umringt Ihn, folgt Ihm. Schweigend, mit einem stillen Lächeln unendlichen Mitleids, wandelt Er unter ihnen. Die Sonne der Liebe brennt in seinem Herzen, Strahlen von Licht, Aufklärung und Kraft gehen von seinen Augen aus, ergießen sich auf die Menschen und erschüttern ihre Herzen in Gegenliebe. Er streckt die Hände nach ihnen aus und segnet sie, und von seiner Berührung, ja sogar von der Berührung seines Gewandes geht eine heilende Kraft aus. Da ruft aus der Menge ein Greis, der von seiner Kindheit an blind ist: ›Herr, heile mich, damit auch ich dich schaue!‹ Und siehe da, es fällt ihm wie Schuppen von den Augen, und der Blinde sieht Ihn. Das Volk weint und küßt die Erde, über die Er dahinschreitet. Die Kinder streuen vor Ihm Blumen auf den Weg, singen und rufen ›Hosianna! Das ist Er, das ist Er selbst! Das muß Er sein, niemand anders!‹ Er bleibt am Portal des Domes von Sevilla stehen, gerade in dem Augenblick, wo ein offener weißer Kindersarg unter Weinen und Wehklagen hineingetragen wird; darin liegt ein siebenjähriges Mädchen, die einzige Tochter eines angesehenen Bürgers. Das tote Kind ist ganz in Blumen gebettet. ›Er wird dein Kind auferwecken‹, ruft man der weinenden Mutter aus der Menge zu. Ein Pater des Doms, der herauskommt, um den Sarg in Empfang zu nehmen, macht ein erstauntes Gesicht und zieht die Augenbrauen zusammen. Aber da ertönt das laute Schluchzen der Mutter des gestorbenen Kindes. Sie wirft sich Ihm zu Füßen. ›Wenn du es bist, so erwecke mein Kind!‹ ruft sie und streckt Ihm die Hände entgegen. Der Zug bleibt stehen, der Sarg wird am Portal zu seinen Füßen niedergestellt. Er blickt voll Mitleid auf die kleine Leiche, und seine Lippen sprechen wiederum die Worte: ›Talitha, kumi – Mägdlein, stehe auf!‹ Das Mädchen erhebt sich im Sarg, setzt sich auf und schaut lächelnd mit erstaunten, weitgeöffneten Augen um sich. In den Händen hält es den Strauß weiße Rosen, mit dem es im Sarg gelegen hat. Das Volk ist starr vor Staunen, schreit und schluchzt – und siehe da, genau in diesem Augenblick geht plötzlich der Kardinal-Großinquisitor selbst über den Platz vor dem Dom. Er ist ein fast neunzigjähriger Greis, hochgewachsen und gerade, mit vertrocknetem Gesicht und eingesunkenen Augen, in denen aber noch ein schwaches Feuer glimmt. Er trägt nicht die prächtigen Kardinalsgewänder, in denen er am Vortag prunkte, als die Feinde des römischen Glaubens verbrannt wurden; nein, in diesem Augenblick trägt er nur seine alte, grobe Mönchskutte. Ihm folgen in einiger Entfernung seine finsteren Gehilfen und Knechte und die ›heilige‹ Wache. Er bleibt vor der Menge stehen und beobachtet von fern, sieht alles: wie man Ihm den Sarg vor die Füße stellt, wie das Mädchen aufersteht. Und sein Gesicht verfinstert sich. Er zieht die dichten grauen Brauen zusammen, und ein böses Feuer funkelt in seinem Blick. Er streckt einen Finger aus und befiehlt der Wache, Ihn zu ergreifen. Und seine Macht ist so groß, das Volk ist so an Unterwürfigkeit, an den blinden, furchtsamen Gehorsam ihm gegenüber gewöhnt, daß die Menge vor den Wächtern sofort auseinanderweicht und diese in plötzlicher Grabesstille Hand an Ihn legen und Ihn fortführen können. Und augenblicklich neigt sich die Menge wie ein Mann zur Erde vor dem greisen Inquisitor, der erteilt dem Volk schweigend den Segen und geht weiter. Die Wache führt den Gefangenen in ein enges, finsteres, gewölbtes Verlies in dem alten Gebäude des Heiligen Tribunals und schließt Ihn dort ein. Der Tag vergeht, die dunkle, heiße, reglose Nacht von Sevilla bricht an. Die Luft ist voll vom Duft ›nach Lorbeer und Zitronen‹. In der tiefen Dunkelheit öffnet sich plötzlich die eiserne Tür des Kerkers, und der greise Großinquisitor selbst tritt mit einem Leuchter in der Hand ein. Er ist allein, hinter ihm schließt sich sogleich wieder die Tür. Er bleibt am Eingang stehen und blickt Ihn lange, ein oder zwei Minuten, an. Endlich tritt er leise näher, stellt den Leuchter auf den Tisch und sagt zu Ihm: ›Bist du es? Ja!‹ Doch ohne eine Antwort abzuwarten, fügt er schnell hinzu: ›Antworte nicht, schweig! Was solltest du auch sagen? Ich weiß genau, was du sagen willst. Und du hast gar kein Recht, dem etwas hinzuzufügen, was du früher schon gesagt hast. Warum bist du gekommen, uns zu stören? Denn du bist gekommen, uns zu stören, du weißt das selbst. Aber weißt du auch, was morgen geschehen wird? Ich bin nicht informiert, wer du bist, und es interessiert mich auch gar nicht, ob du Er selbst bist oder nur eine Kopie von Ihm. Schon morgen jedoch werde ich dich verurteilen und als den schlimmsten aller Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrennen, und dasselbe Volk, das heute deine Füße geküßt hat, wird morgen auf einen Wink meiner Hand herbeistürzen und Kohlen für deinen Scheiterhaufen heranschaffen. Weißt du das? Ja, du weißt es vielleicht‹, fügt er ernst und nachdenklich hinzu, ohne auch nur einen Moment den Blick von seinem Gefangenen abzuwenden.«

»Ich versteh‹ nicht richtig, was das bedeuten soll, Iwan«, sagte Aljoscha lächelnd; er hatte die ganze Zeit schweigend zugehört. »Ist das einfach zügellose Phantasie oder irgendein Irrtum, ein Mißverständnis von seiten des Greises? Ein unerhörtes qui pro quo

»Nimm meinetwegen das letztere an«, erwiderte Iwan lachend, »wenn dich der moderne Realismus bereits so verwöhnt hat und du nichts Phantasievolles mehr ertragen kannst. Willst du es als qui pro quo auffassen, mag es meinetwegen so sein. Das ist ja richtig«, fügte er wieder lachend hinzu, »der Greis ist schon neunzig Jahre alt und kann über seiner Idee schon längst den Verstand verloren haben. Und der Gefangene hat ihn ja durch sein Äußeres in Erstaunen versetzen können. Es kann schließlich einfach Fieberwahn gewesen sein, die Vision eines neunzigjährigen Greises vor dem Tode, eines Greises, der noch dazu erregt ist vom Autodafé des vorhergehenden Tages, wo hundert Ketzer verbrannt worden sind. Aber kann es dir und mir nicht gleichgültig sein, ob es ein qui pro quo oder zügellose Phantasie ist? Die Sache ist doch die: Der Greis hat das Bedürfnis, sich auszusprechen! Er spricht sich endlich aus zur Entschädigung für die ganzen neunzig Jahre, und sagt das laut, was er neunzig Jahre lang verschwiegen hat.«

»Und der Gefangene schweigt ebenfalls? Er schaut ihn an und sagt kein Wort?«

»Unbedingt«, antwortete Iwan und lachte wieder. »Der Greis selbst bedeutet Ihm, daß Er gar kein Recht habe, dem etwas hinzuzufügen, was Er früher schon gesagt hat. Darin liegt vielleicht der eigentliche Grundzug des römischen Katholizismus – zumindest ist das meine Meinung. ›Du hast alles an den Papst übertragen‹, sagen sie. ›Folglich ist das jetzt alles Sache des Papstes. Und du komm jetzt nicht, störe wenigstens nicht vor der Zeit!‹ In diesem Sinne reden sie nicht nur, sondern schreiben auch so, zumindest die Jesuiten. Das habe ich selbst bei ihren Theologen gelesen. ›Hast du das Recht, uns auch nur eines der Geheimnisse jener Welt aufzudecken, aus der du gekommen bist?‹ fragt Ihn der Greis und antwortet selbst für Ihn: ›Nein, ein solches Recht hast du nicht! Du darfst dem, was du früher schon gesagt hast, nichts hinzufügen, und du darfst den Menschen nicht die Freiheit nehmen, für die du so warm eingetreten bist, als du auf Erden warst. Alles, was du neu verkünden könntest, würde die Glaubensfreiheit der Menschen beeinträchtigen, da es wie ein Wunder erscheinen würde. Und die Freiheit ihres Glaubens war dir doch damals, vor anderthalb Jahrtausenden, über alles teuer. Hast du nicht damals oft gesagt: Ich will euch frei machen? Jetzt hast du diese ›freien‹ Menschen gesehen!‹ fügt der Greis plötzlich mit einem nachdenklichen Lächeln hinzu. ›Ja, dieses Werk hat uns viel Mühe gekostet!‹ fährt er, Ihn ernst anblickend, fort. ›Aber wir haben es in deinem Namen doch glücklich zu Ende geführt. Fünfzehn Jahrhunderte haben wir uns mit dieser Freiheit abgequält – jetzt ist es mit ihr zu Ende, gründlich zu Ende. Du glaubst das nicht? Du blickst mich sanftmütig an und würdigst mich nicht einmal deines Unwillens? Doch wisse, daß diese Menschen gerade heutzutage mehr als je überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit gebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. Aber das haben wir zuwege gebracht! Oder hast du das gewünscht? Hast du so eine Freiheit gewünscht?!«

»Ich verstehe schon wieder nicht«, unterbrach ihn Aljoscha. »Meint er das ironisch, macht er sich lustig?«

»Durchaus nicht. Er rechnet es sich und den Seinen geradezu als Verdienst an, daß sie endlich die Freiheit überwältigt haben, und zwar um die Menschen glücklich zu machen. ›Denn erst jetzt‹, sagt er und meint natürlich die Inquisition, ›erst jetzt ist es zum erstenmal möglich geworden, an das Glück der Menschen zu denken. Der Mensch war als Rebell erschaffen worden – können Rebellen denn glücklich sein? Du warst gewarnt‹, sagt er zu Ihm. ›Du hattest keinen Mangel an Warnungen und Hinweisen, aber du hörtest nicht auf sie. Du verschmähtest den einzigen Weg, auf dem es möglich war, die Menschen glücklich zu machen. Doch zum Glück übergabst du diese Aufgabe uns, als du weggingst, du versprachst es, du bekräftigtest es mit deinem Wort, du gabst uns das Recht zu binden und zu lösen – und natürlich kannst du dir jetzt nicht einfallen lassen, uns dieses Recht wieder zu nehmen. Warum also bist du gekommen, uns zu stören?‹«

»Was bedeutet das: ›Du hattest keinen Mangel an Warnungen und Hinweisen‹?« fragte Aljoscha.

»Das ist gerade der Hauptpunkt, über den der Greis sich unbedingt aussprechen möchte. ›Der furchtbare und kluge Geist, der Geist der Selbstvernichtung und des Nichtseins‹, fährt der Greis fort, ›der große Geist hat mit dir in der Wüste gesprochen, und es ist uns in der Schrift überliefert, daß er dich versucht hat. War es so? Und hätte er dir etwas Wahreres sagen können als das, was er dir in den drei Fragen kundtat? Was in der Schrift ›Versuchungen‹ heißt und von dir zurückgewiesen wurde? Und doch: Wenn es auf Erden jemals ein wahrhaftes, donnergleiches Wunder gegeben hat, so jenes an dem Tag dieser drei Versuchungen. Eben in diesen drei Fragen lag das Wunder. Wenn man sich nur so zur Probe und zum Beispiel vorstellen könnte, diese drei Fragen des furchtbaren Geistes wären spurlos verlorengegangen, und man müßte sie neu stellen, von neuem ausdenken und formulieren, um sie wieder in die Schrift einzusetzen, und alle Weisen der Erde würden zu diesem Zweck versammelt, Regenten, Erzpriester, Gelehrte, Philosophen und die Dichter, und ihnen würde die Aufgabe gestellt, drei Fragen auszusinnen und zu formulieren, aber so, daß sie nicht nur der Größe des Ereignisses entsprächen, sondern darüber hinaus in drei Worten, in nicht mehr als drei menschlichen Sätzen die gesamte künftige Geschichte der Welt und des Menschengeschlechts zum Ausdruck brächten – meinst du, daß die gesamte vereinigte Weisheit der Erde etwas ersinnen könnte, was an Kraft und Tiefe jenen drei Worten gleichkäme, die dir damals von dem mächtigen, klugen Geist in der Wüste tatsächlich vorgelegt wurden? Schon an diesen Fragen, allein an dem Wunder, daß und wie sie gestellt wurden, läßt sich erkennen, daß man es nicht mit einem menschlichen vergänglichen Verstand, sondern mit einem ewigen, absoluten zu tun hat. Denn in diesen drei Fragen ist gleichsam die gesamte weitere Geschichte des Menschengeschlechts zusammengefaßt und vorhergesagt. Es sind die drei Formen aufgezeigt, in denen alle unlösbaren historischen Widersprüche der menschlichen Natur auf dieser Erde eingeschlossen sind. Damals konnte das noch nicht verständlich werden, denn die Zukunft war unbekannt. Doch jetzt, da fünfzehn Jahrhunderte vergangen sind, erkennen wir, daß mit diesen drei Fragen alles so genau vorhergesagt und so genau eingetroffen ist, daß ihnen nichts mehr hinzugefügt oder von ihnen weggenommen werden kann.

Entscheide selbst, wer recht hatte: Du oder jener, der dich damals fragte. Erinnere dich an die erste Frage! Wenn sie auch nicht buchstäblich so lautete, ihr Sinn war doch folgender: ›Du willst in die Welt gehen und gehst mit leeren Händen, mit einem Versprechen von Freiheit, das sie in ihrer Einfalt und angeborenen Schlechtigkeit nicht einmal begreifen können, das ihnen Furcht und Schrecken einflößt – denn nichts ist jemals für den Menschen und für die menschliche Gesellschaft unerträglicher gewesen als Freiheit! Aber siehst du die Steine hier in dieser nackten, glühenden Wüste? Verwandle sie in Brot, und die Menschheit wird dir wie eine Herde nachlaufen, dankbar und gehorsam, wenn auch in steten Zittern, du könntest deine Hand von ihnen nehmen, und es hätte dann mit deinen Broten für sie ein Ende!‹ Du wolltest den Menschen nicht der Freiheit berauben und verschmähtest den Vorschlag. Denn was ist das für eine Freiheit, so urteiltest du, wenn der Gehorsam durch Brot erkauft wird? Du erwidertest, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Weißt du jedoch, daß sich der Geist der Erde im Namen dieses Brotes gegen dich erheben und dich besiegen wird, daß alle ihm folgen werden mit dem Ruf: ›Wer tut es diesem Tier gleich? Es gab uns das Feuer vom Himmel!‹ Weißt du auch, daß die Menschheit nach Jahrhunderten durch den Mund ihrer Weisen und Gelehrten verkünden wird, es gebe kein Verbrechen und folglich auch keine Sünde, sondern es gebe nur Hungrige? Mach sie satt, und verlang erst dann von ihnen Tugend – dies werden sie auf ihr Banner schreiben, das sie gegen dich erheben und durch das sie deinen Tempel stürzen werden. Anstelle deines Tempels wird man einen neuen Bau aufführen. Erheben wird sich erneut ein furchtbarer Turm von Babylon, und obgleich der ebensowenig wie der frühere zu Ende gebaut werden dürfte, hättest du ihn doch vermeiden und die Leiden der Menschen um tausend Jahre verkürzen können! Zu uns nämlich kommen sie, wenn sie sich tausend Jahre mit ihrem Turm abgequält haben. Sie werden uns wieder unter der Erde suchen, in den Katakomben, in denen wir uns verborgen halten, denn wir werden wieder verfolgt und gemartert sein. Sie werden uns finden und uns zurufen: Macht uns satt! Die uns das Feuer vom Himmel versprachen, haben es uns nicht gegeben … Und dann werden wir auch ihren Turm zu Ende bauen, denn zu Ende bauen wird ihn, wer sie satt macht. Satt machen aber werden nur wir sie, und wir werden lügen, es geschehe in deinem Namen. Oh, niemals werden sie ohne uns satt werden! Keine Wissenschaft wird ihnen Brot geben, solange sie frei bleiben – und enden wird es damit, daß sie uns ihre Freiheit zu Füßen legen und sagen: Knechtet uns lieber, aber macht uns satt! Sie werden schließlich selbst begreifen, daß Freiheit und reichlich Brot für alle zusammen nicht denkbar ist, denn niemals, niemals werden sie imstande sein, untereinander zu teilen! Sie werden auch zu der Überzeugung gelangen, daß sie niemals frei sein können, weil sie schwach, lasterhaft, bedeutungslos und rebellisch sind. Du versprachst ihnen himmlisches Brot, doch ich wiederhole: Läßt sich das in den Augen des schwachen, ewig lasterhaften und ewig undankbaren Menschengeschlechts mit dem irdischen Brot vergleichen? Und wenn dir um des himmlischen Brotes willen Tausende und aber Tausende nachfolgen, was wird dann aus den Millionen und aber Millionen jener Wesen, die nicht die Kraft haben, das irdische Brot um des himmlischen willen geringzuschätzen? Oder sind dir nur die Tausende von Großen und Starken teuer, und sollen die übrigen Millionen, zahlreich wie Sand am Meer, die Schwachen, die dich lieben, nur als Material für die Großen und Starken dienen? Nein, uns sind auch die Schwachen teuer. Sie sind lasterhaft und rebellisch, schließlich aber werden auch sie gehorsam werden. Sie werden uns anstaunen und für Götter halten, weil wir uns an ihre Spitze stellen, bereit, die Freiheit zu ertragen, vor der sie Angst haben, und über sie zu herrschen, – so schrecklich wird es ihnen schließlich vorkommen, frei zu sein. Aber wir werden sagen, wir seien dir gehorsam und herrschen in deinem Namen. Wir werden sie wieder täuschen, denn dich werden wir nicht mehr zu uns lassen. In dieser Täuschung wird jedoch auch unser Leiden liegen; denn wir werden gezwungen sein zu lügen. Das also hatte diese erste Frage in der Wüste zu bedeuten. Das verschmähtest du um der Freiheit willen, die du höher stelltest als alles andere. Es lag in dieser Frage das große Geheimnis der Welt beschlossen. Hättest du das ›Brot‹ angenommen, so hättest du damit einem allgemeinen und ewigen menschlichen Sehnen entsprochen, dem Sehnen jedes einzelnen Menschen genauso wie dem der gesamten Menschheit, jenem Sehnen, das sich in der Frage ausdrückt: Wen soll ich anbeten? Es gibt für einen Menschen, der frei geblieben ist, keine unausweichlichere, dauerndere, quälendere Sorge, als möglichst rasch jemand zu finden, den er anbeten kann. Aber der Mensch möchte nur etwas anbeten, was bereits unbestritten ist, so unbestritten, daß sich alle Menschen zugleich zu gemeinsamer Anbetung bereit finden. Denn es ist nicht so sehr die Sorge dieser kläglichen Geschöpfe, etwas zu finden, was ich oder ein anderer anbeten kann, sondern etwas, woran alle glauben und was alle anbeten, unbedingt alle zusammen. Und eben dieses Bedürfnis nach gemeinsamer Anbetung bildet die wesentliche Qual jedes einzelnen Individuums wie der ganzen Menschheit seit Anbeginn der Zeiten. Um der gemeinsamen Anbetung willen vernichteten sie sich gegenseitig mit dem Schwert. Sie schufen sich Götter und riefen einander zu: Entsagt euren Göttern und betet unsere an – oder Tod euch und euren Göttern! Und so wird es sein bis ans Ende der Welt, selbst wenn die Götter aus der Welt verschwinden. Das macht den Menschen nichts aus, dann werden sie eben vor Götzen niederfallen. Du kanntest dieses wichtigste Geheimnis der menschlichen Natur, es konnte dir nicht unbekannt sein. Doch du hast das einzig wirksame Banner, das dir angeboten wurde, um alle zu zwingen, dich widerspruchslos anzubeten – das Banner des irdischen Brotes –, zurückgewiesen. Hast es zurückgewiesen um der Freiheit und des himmlischen Brotes willen. Sieh dir doch an, was du getan hast! Und alles um der Freiheit willen! Ich sage dir, der Mensch kennt keine quälendere Sorge, als jemand zu finden, dem er so schnell wie möglich das Geschenk der Freiheit übergeben kann, mit dem er, dieses unglückliche Geschöpf, geboren wird. Aber nur der bekommt die Freiheit der Menschen in seine Gewalt, der ihr Gewissen beruhigt. Mit dem Brot wurde dir ein unbestrittenes Banner angeboten: Wenn du ihm Brot gibst, betet dich der Mensch an, denn nichts ist unbestrittener als das Brot. Doch wenn zur gleichen Zeit ohne dein Wissen jemand sein Gewissen in die Gewalt bekommt – oh, dann läßt der Mensch sogar dein Brot im Stich und folgt dem, der sein Gewissen verführt. In diesem Punkt hattest du recht. Das Geheimnis des menschlichen Seins besteht nämlich nicht darin, daß man lediglich lebt, sondern darin, wofür man lebt. Hat der Mensch keine feste Vorstellung von dem Zweck, für den er lebt, so mag er nicht weiterleben und vernichtet sich eher selbst, als daß er auf der Erde bleibt – mögen auch noch so viele Brote um ihn herumliegen. Und was war nun das Ergebnis? Statt die Freiheit der Menschen in deine Gewalt zu bringen, hast du sie ihnen noch vermehrt! Oder hattest du vergessen, daß Ruhe und sogar Tod dem Menschen lieber sind als freie Wahl in der Erkenntnis von Gut und Böse? Nichts ist für den Menschen verführerischer als die Freiheit seines Gewissens, aber nichts ist auch qualvoller. Statt dem Menschen ein für allemal feste Grundlagen zur Beruhigung seines Gewissens zu geben, hast du ihm alles aufgebürdet, was es an Ungewöhnlichem, Rätselhaftem und Unbestimmtem gibt, alles, was die Kraft der Menschen übersteigt. Du hast somit gehandelt, als ob du sie überhaupt nicht liebtest, obwohl du doch gekommen warst, um für sie dein eigenes Leben hinzugeben! Statt die Freiheit der Menschen in deine Gewalt zu bringen, hast du sie vermehrt und mit ihren Qualen das Seelenleben des Menschen für allezeit belastet. Du wünschtest freiwillige Liebe von seiten des Menschen, frei sollte er dir nachfolgen, entzückt und gefesselt von dir. Statt des festen alten Gesetzes sollte der Mensch künftig selbst mit freiem Herzen entscheiden, was gut und böse ist, und dabei nur dein Vorbild als Orientierungshilfe vor sich haben. Hast du dabei wirklich nicht bedacht, daß er schließlich sogar dein Vorbild und deine Wahrheit verwerfen und als unverbindlich ablehnen wird, wenn man ihm so eine furchtbare Last aufbürdet, wie Freiheit der Wahl? Schließlich werden die Menschen sagen, du bist nicht die Wahrheit; denn man konnte sie kaum in größerer Verwirrung und Qual zurücklassen, als du es tatest, indem du ihnen so viele Sorgen und unlösbare Aufgaben hinterließest. Auf diese Weise hast du selbst den Grund zur Zerstörung deines Reiches gelegt und darfst niemand sonst beschuldigen. Dabei wurde dir doch etwas ganz anderes vorgeschlagen! Es gibt auf der Erde nur drei Mächte, die imstande sind, das Gewissen dieser schwächlichen Rebellen zu ihrem Glück für allezeit zu besiegen und zu fesseln: das Wunder, das Geheimnis und die Autorität. Du hast das erste und das zweite und das dritte verschmäht und durch dein eigenes Verhalten ein Beispiel gegeben. Als der furchtbare, kluge Geist dich auf die Zinne des Tempels stellte und sagte: Wenn du wissen willst, ob du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab! Denn von ihm steht geschrieben, daß die Engel ihn auffangen und tragen werden und er nicht fallen und sich nicht stoßen wird. Und dann wirst du erkennen, ob du Gottes Sohn bist, und beweisen, wie groß dein Glaube an deinen Vater ist … Aber du hast diesen Vorschlag zurückgewiesen und dich nicht hinabgestürzt. Natürlich handeltest du stolz und großartig wie ein Gott – aber sind die Menschen, dieses schwache, rebellische Geschlecht, etwa Götter? Oh, du hast damals eingesehen: Wenn du auch nur einer Schritt tun, nur eine Bewegung machen würdest, dich hinabzustürzen, würdest du damit Gott versuchen und allen Glauben an ihn verlieren und auf der Erde zerschmettern, die du zu retten gekommen warst; und der kluge Geist, der dich versuchte, würde sich freuen. Aber ich sage noch einmal: Gibt es viele solche wie dich? Und hast du wirklich auch nur einen Augenblick annehmen können, auch die Kraft der Menschen könnte ausreichen, einer derartigen Versuchung zu widerstehen? Ist die Natur des Menschen etwa so beschaffen, daß er das Wunder ablehnen und in solchen schweren Augenblicken des Lebens, Augenblicken der furchtbarsten und qualvollsten letzten Seelenfragen, allein mit der freien Entscheidung des Herzens auskommen kann? Du wußtest, daß deine Tat in der Schrift festgehalten würde, daß sie bis ans Ende aller Zeiten und bis an die letzten Grenzen der Erde gelangen würde, und du hofftest, auch der Mensch würde, dir nachfolgend, in der Gemeinschaft mit Gott bleiben, ohne des Wunders zu bedürfen. Aber du wußtest nicht, daß der Mensch, sobald er das Wunder ablehnt, zugleich auch Gott ablehnt, weil er nicht so sehr Gott als vielmehr das Wunder sucht. Und da der Mensch nicht imstande ist, ohne Wunder auszukommen, wird er sich neue Wunder schaffen, eigene Wunder; er wird sich vor den Wundern der Zauberer und Hexen beugen, mag er auch hundertmal als Rebell, Ketzer oder Atheist gelten. Du bist nicht vom Kreuz herabgestiegen, als dir höhnisch zugerufen wurde: Steig herab vom Kreuz, und wir werden glauben, daß du der Sohn Gottes bist! Du bist nicht herabgestiegen, weil du abermals den Menschen nicht durch ein Wunder knechten wolltest, weil du einen freien Glauben wünschtest, keinen Wunderglauben. Du wünschtest freiwillige Liebe und nicht sklavisches Entzücken des Unfreien über eine Macht, die ihm ein für allemal Schrecken einflößt. Aber auch hier hast du von den Menschen zu hoch gedacht, denn sie sind allerdings Unfreie, wenn sie auch als Rebellen geschaffen worden sind. Sieh um dich und urteile selbst! Fünfzehn Jahrhunderte sind jetzt verflossen; bitte, sieh dir die Menschen an: wen hast du zu dir emporgehoben? Ich schwöre dir, der Mensch ist schwächer und niedriger, als du geglaubt hast! Kann er, frage ich, überhaupt ausführen, was du ausgeführt hast? Indem du ihn so hoch einschätztest, hast du gehandelt, als ob du kein Mitleid mehr für ihn empfändest, du hast zuviel von ihm verlangt, du, der du ihn doch mehr liebtest als dich selbst! Hättest du ihn weniger hoch eingeschätzt, hättest du auch weniger von ihm verlangt; das wäre der Liebe näher gekommen, denn es hätte seine Bürde leichter gemacht. Er ist schwach und gemein. Daß er jetzt überall gegen unsere Macht rebelliert und auf diese Rebellion stolz ist – was will das besagen? Das ist der Stolz eines Kindes, eines Schulknaben. Das sind Kinder, die in der Klasse revoltieren und den Lehrer vertreiben. Aber auch der Jubel dieser Kinder wird sein Ende finden; er wird ihnen teuer zu stehen kommen. Sie werden die Tempel niederreißen und die Erde mit Blut überschwemmen. Aber schließlich werden die dummen Kinder merken, daß sie doch nur schwächliche Rebellen sind, die ihre eigene Rebellion nicht aushalten. In dumme Tränen ausbrechend, werden sie bekennen, daß sich derjenige, der sie zu Rebellen erschaffen hat, ohne Zweifel über sie hat lustig machen wollen. Sie werden das voller Verzweiflung sagen, und was sie sagen, wird eine Gotteslästerung sein, die sie noch unglücklicher macht; denn die menschliche Natur erträgt keine Gotteslästerung und bestraft sich zuletzt immer selbst dafür. Und so sind jetzt Unruhe, Verwirrung und Unglück das Los der Menschen, nachdem du so viel für ihre Freiheit gelitten hast! Dein großer Prophet sagt in einer allegorischen Vision, er habe alle Teilnehmer der ersten Auferstehung gesehen, aus jedem Stamm zwölftausend. Aber wenn es so viele waren, dann waren auch sie wohl kaum Menschen, sondern Götter. Sie haben dein Kreuz getragen. Sie haben es erduldet, jahrzehntelang in der öden Wüste zu leben und sich von Heuschrecken und Wurzeln zu ernähren. Du kannst in der Tat stolz auf diese Kinder der Freiheit hinweisen, die dich freiwillig geliebt und um deines Namens willen freiwillig ein so großartiges Opfer gebracht haben. Aber vergiß nicht, daß es im ganzen nur ein paar Tausend waren, und zwar Götter – aber die übrigen? Was können die übrigen, die schwachen Menschen, dafür, daß sie nicht dasselbe ertragen konnten wie die Starken? Was kann eine schwache Seele dafür, daß sie nicht imstande ist, so furchtbare Gaben aufzunehmen? Bist du wirklich nur zu den Auserwählten und für die Auserwählten gekommen? Wenn es so ist, liegt hier ein Geheimnis vor, und wir können es nicht verstehen. Wenn aber ein Geheimnis vorliegt, so waren auch wir berechtigt, dies zu verkünden und die Menschen zu lehren, daß nicht der freie Entschluß ihrer Herzen und nicht die Liebe das Entscheidende ist, sondern jenes Geheimnis, dem sie sich blind unterordnen müssen, selbst gegen ihr Gewissen. Das haben wir denn auch getan. Wir haben deine Tat verbessert und sie auf das Wunder, das Geheimnis und die Autorität gegründet. Und die Menschen freuten sich, daß sie wieder wie eine Herde geleitet wurden und daß endlich das furchtbare Geschenk, das ihnen so viel Qual bereitet hatte, von ihren Herzen genommen war. Sprich, waren wir berechtigt, so zu lehren und so zu handeln? Haben wir die Menschheit etwa nicht geliebt, als wir so freundlich ihre Schwäche anerkannten, ihre Bürde liebevoll erleichterten und ihrer schwachen Natur sogar die Sünde gestatteten, wenn sie mit unserer Erlaubnis geschah? Warum bist du jetzt gekommen, uns zu stören? Und warum siehst du mich schweigend und durchdringend an mit deinen sanften Augen? Werde zornig! Ich will deine Liebe nicht, weil ich dich selbst nicht liebe. Und was könnte ich vor dir schon verbergen? Als ob ich nicht wüßte, mit wem ich rede! Was ich dir zu sagen habe, ist dir bereits alles bekannt, das lese ich in deinen Augen. Und ich sollte unser Geheimnis vor dir verbergen? Vielleicht willst du es gerade aus meinem Munde vernehmen. So höre denn! Wir sind nicht mit dir im Bunde, sondern mit ihm – das ist unser Geheimnis! Wir sind schon seit langer Zeit nicht mehr mit dir im Bunde, sondern mit ihm, schon acht Jahrhunderte lang. Genau acht Jahrhunderte ist es her, daß wir von ihm annahmen, was du unwillig zurückgewiesen hast: jene letzte Gabe, die er dir anbot, indem er dir alle Reiche der Erde zeigte. Wir haben von ihm Rom empfangen und das Schwert des Cäsar und haben uns selbst zu Herren der Erde, zu ihren einzigen Herren erklärt, obwohl wir unser Werk bis heute noch nicht zum vollen Abschluß zu bringen vermochten. Aber wessen Schuld ist das? Oh, dieses Werk befindet sich jetzt erst im Anfangsstadium, aber begonnen ist es. Lange noch werden wir auf seine Vollendung warten müssen, und viel wird die Erde noch leiden. Aber wir werden ans Ziel gelangen, wir werden Cäsaren sein, und dann werden wir auch an das Glück aller Menschen auf Erden denken. Du aber hättest schon damals das Schwert des Cäsar ergreifen können. Warum hast du diese letzte Gabe zurückgewiesen? Hättest du diesen dritten Rat des mächtigen Geistes angenommen, so hättest du alle Wünsche erfüllt, die der Mensch hier auf Erden hegt. Er hätte jemand gehabt, den er anbeten und dem er sein Gewissen anvertrauen kann; er hätte die Möglichkeit gesehen, daß sich endlich alle gemeinsam und einmütig zu einem umfassenden, von niemand bestrittenen Ameisenhaufen vereinigen. Das Bedürfnis zu universeller Vereinigung ist nämlich die dritte und letzte Qual der Menschen. Immer hat die Menschheit in ihrer Gesamtheit danach gestrebt, sich unter allen Umständen universell zu gestalten. Es hat viele große Völker mit großer Geschichte gegeben. Doch je höher diese Völker standen, desto unglücklicher waren sie, weil sie stärker als die anderen das Bedürfnis nach einer universellen Vereinigung der Menschen empfanden. Große Eroberer, wie Timur [Fußnote] und Dschingis-Khan, [Fußnote] fegten wie ein Wirbelsturm über die Erde, bestrebt, die Welt zu erobern. Aber auch sie drückten, obgleich unbewußt, das große Bedürfnis der Menschheit nach allgemeiner, allumfassender Vereinigung aus. Hättest du das Schwert und den Purpur des Cäsar angenommen, so hättest du eine Weltherrschaft begründet und der ganzen Welt Ruhe gebracht. Denn wem anders steht es zu, über die Menschen zu herrschen, als denen, die das Gewissen der Menschen in ihrer Gewalt haben und in deren Händen das Brot der Menschen ist? Wir unsererseits haben das Schwert des Cäsar ergriffen; dabei haben wir uns freilich von dir abgewandt und sind ihm gefolgt. Oh, noch jahrhundertelang wird der Unfug des freien Verstandes, der Wissenschaft und Menschenfresserei dauern! Denn sie, die ihren babylonischen Turm ohne uns aufzuführen begannen, werden bei der Menschenfresserei enden. Doch dann, dann wird das Tier zu uns gekrochen kommen und unsere Füße lecken und sie mit den blutigen Tränen seiner Augen benetzen. Und wir werden uns auf das Tier setzen und den Kelch erheben, auf dem geschrieben steht: Geheimnis! Erst dann wird für die Menschen das Reich der Ruhe und des Glücks anbrechen. Du bist stolz auf deine Auserwählten. Aber du hast nur Auserwählte, während wir allen Ruhe bringen. Und noch eins. Wie viele von diesen Auserwählten und von den Starken, die da hätten Auserwählte werden können, sind es schließlich müde geworden, auf dich zu warten! Sie haben die Kräfte ihres Geistes und die Glut ihres Herzens auf ein anderes Feld übertragen und tun das auch jetzt noch und werden es tun, bis sie ihr Freiheitsbanner sogar gegen dich erheben. Aber du selbst hast dieses Banner erhoben. Bei uns jedoch werden alle glücklich sein und nicht mehr rebellieren und einander vernichten, wie es unter deiner Freiheit allerorten geschah. Oh, wir werden sie davon überzeugen, daß sie erst dann wahrhaft frei sein werden, wenn sie ihrer Freiheit zu unseren Gunsten entsagen und uns gehorchen. Nun, werden wir damit recht haben? Oder wird das eine Lüge sein? Sie werden selber einsehen, daß wir recht haben! Denn sie werden sich erinnern, zu welcher schrecklichen Sklaverei und Verwirrung sie deine Freiheit gebracht hat. Freiheit, freie Vernunft und Wissenschaft werden sie in solche Abgründe führen und sie vor solche Wunder und solche unlöslichen Geheimnisse stellen, daß manche von ihnen, die Unbotmäßigen und Trotzigen, sich selbst vernichten, andere, die Unbotmäßigen, aber Schwachen, sich gegenseitig vernichten, und die dritten, die Schwächlichen und Unglücklichen, uns zu Füßen kriechen und zu uns aufwinseln werden: Ja, ihr hattet recht! Ihr allein wart im Besitz seines Geheimnisses! Wir kehren zu euch zurück, rettet uns vor uns selbst! Wenn sie von uns Brot erhalten, werden sie allerdings deutlich erkennen, daß wir ihnen ihr eigenes Brot, das sie mit ihren eigenen Händen erarbeitet haben, wegnehmen, um es dann wieder unter sie zu verteilen, ohne jedes Wunder. Sie werden sehen, daß wir nicht Steine in Brot verwandelt haben, doch in Wahrheit werden sie sich – mehr als über das Brot selbst – darüber freuen, daß sie es aus unseren Händen empfangen! Sie werden sich nämlich sehr gut erinnern, daß sich früher, ohne uns, das durch ihre Arbeit erworbene Brot in ihren Händen in Steine verwandelte, daß aber nach ihrer Rückkehr zu uns selbst die Steine in ihren Händen zu Brot wurden. Und sehr wohl werden sie zu schätzen wissen, was es bedeutet, sich ein für allemal zu unterwerfen! Solange die Menschen das nicht begreifen, werden Sie unglücklich sein. Und nun sag, wer hat am meisten zu diesem Unverständnis beigetragen? Wer hat die Herde zersplittert und auf unbekannte Wege versprengt? Die Herde wird sich jedoch von neuem sammeln und von neuem unterwerfen, und dann ein für allemal. Dann werden wir den Menschen ein stilles, friedliches Glück gewähren: das Glück der schwachen Wesen, als die sie nun einmal geschaffen sind. Oh, wir werden sie schließlich überreden, ihren Stolz abzulegen! Du hast sie emporgehoben und dadurch stolz gemacht. Wir werden ihnen beweisen, daß sie nur schwache, armselige Kinder sind, daß aber das Glück von Kindern süßer ist als jedes andere. Sie werden eingeschüchtert zu uns aufblicken und sich ängstlich an uns drücken – wie die Kücken an die Henne. Sie werden uns anstaunen und fürchten und stolz sein, daß unsere Macht und Klugheit uns befähigt hat, so eine störrische Herde von tausend Millionen zu zähmen. Sie werden kraftlos zittern vor unserem Zorn, ihr Geist wird verzagen, ihre Augen werden dem Weinen nahe sein wie die von Kindern und Frauen – doch ebenso leicht werden sie auch auf unseren Wink zu Fröhlichkeit und Gelächter, zu heller Freude und glückseligen Kinderliedchen übergehen. Ja, wir werden sie zwingen zu arbeiten; ihre arbeitsfreien Stunden aber werden wir ihnen zu einem kindlichen Spiel umgestalten, mit Kinderliedern, Chorgesängen und unschuldigen Tänzen. Oh, wir werden ihnen auch die Sünde erlauben. Sie sind kraftlos und werden uns wie Kinder dafür lieben, daß wir ihnen gestatten zu sündigen. Wir werden ihnen sagen, jede Sünde könne wiedergutgemacht werden, sofern sie mit unserer Erlaubnis begangen worden ist. Und wenn ihnen also von uns gestattet werde zu sündigen, so habe das seinen Grund in unserer Liebe zu ihnen. Die Strafe für diese Sünden seien wir bereit, auf uns zu nehmen. Und wir werden sie auch auf uns nehmen! Sie aber werden uns als ihre Wohltäter vergöttern, weil wir vor Gott ihre Sünden auf uns nehmen. Und sie werden keinerlei Geheimnisse vor uns haben. Wir werden ihnen erlauben oder verbieten, mit ihren Frauen und Geliebten zu leben, Kinder zu haben oder keine Kinder zu haben, alles je nach ihrem Gehorsam, und sie werden sich uns mit Lust und Freude unterwerfen. Auch die qualvollsten Geheimnisse ihres Gewissens – alles werden sie uns anvertrauen, und wir werden alles entscheiden. Und sie werden unserer Entscheidung mit Freuden glauben, weil sie durch diese von der großen Sorge und der furchtbaren Qual freier persönlicher Entscheidung befreit sein werden. Und alle die Millionen von Wesen werden glücklich sein, mit Ausnahme der Hunderttausend, die über sie herrschen. Denn nur wir, die Hüter des Geheimnisses, werden unglücklich sein. Es wird Tausende von Millionen glücklicher Kinder geben und hunderttausend Dulder, die den Fluch der Erkenntnis von Gut und Böse auf sich genommen haben. Still werden sie sterben, still in deinem Namen erlöschen und jenseits des Grabes nur den Tod finden. Das jedoch werden wir geheimhalten und die Menschen durch die Verheißung einer ewigen, himmlischen Belohnung zu ihrem eigenen Glück locken. Denn selbst wenn es etwas im Jenseits gäbe, dann doch sicherlich nicht für solche wie sie. Es wird prophezeit, du würdest wiederkommen mit deinen Auserwählten, mit deinen Stolzen und Starken und einen neuen Sieg erringen. Aber wir werden sagen, diese hätten nur sich selbst gerettet, wir hingegen alle Menschen. Es wird gesagt, die Hure, die auf dem Tier sitzt und das Geheimnis in ihren Händen hält, würde beschimpft werden, und die Schwachen würden sich abermals empören und das Purpurgewand der Hure zerreißen und ihren gemeinen Körper entblößen. Doch dann werde ich aufstehen und dich auf die Tausende von Millionen glücklicher Kinder hinweisen, die keine Sünde gekannt haben. Und wir, die wir um ihres Glückes willen ihre Sünde auf uns genommen haben, werden vor dich hintreten und sagen: Verurteile uns, wenn du das kannst und wagst! Du sollst wissen, daß ich dich nicht fürchte. Daß auch ich in der Wüste war, daß auch ich mich von Heuschrecken und Wurzeln ernährte, daß auch ich die Freiheit segnete, mit der du die Menschen gesegnet hattest, daß auch ich mich vorbereitete, in die Schar deiner Auserwählten, der Starken und Mächtigen, einzutreten mit dem heißen Wunsch, ihre Zahl voll zu machen. Aber ich kam zur Besinnung und hatte kein Verlangen mehr, dem Wahnsinn zu dienen. Ich kehrte zurück und schloß mich denen an, die deine Tat verbesserten. Ich ging fort von den Stolzen und kehrte zu den Demütigen zurück, um diese glücklich zu machen. Was ich dir sage, wird in Erfüllung gehen, und unser Reich wird errichtet werden. Ich wiederhole, schon morgen wirst du sehen, wie diese gehorsame Herde auf meinen ersten Wink herbeistürzt und glühende Kohlen für deinen Scheiterhaufen zusammenscharrt. Für den Scheiterhaufen, auf dem ich dich verbrennen werde dafür, daß du gekommen bist, uns zu stören. Wenn jemals einer vor allen anderen unseren Scheiterhaufen verdient hat, so bist du es. Morgen werde ich dich verbrennen. Dixi.‹«

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Ist mein Doktor bestechlich?

Ist mein Hausarzt bestechlich, wenn er von einer Pharmafirma Fahrtkosten zurückerstattet bekommen hat? Das hat ganz damit zu tun, wohin die Fahrt ging und ob er am Zielort irgendwelche Abmachungen mit dem großen Pharmabruder getroffen hat, beispielsweise darüber, dass er in Zukunft nur noch bestimmte Medikamente an den Patienten bringt. Da das illegal wäre und ich meinen Doktor mag, auch empfinde ich seine Behandlungsmethoden  als sinnvoll, lasse ich es ihm durchgehen, dass er ein paar Sprit-Euronen in Empfang genommen hat.

Wie sieht es bei dir aus? Ist dein Doktor in der Vergangenheit von der Pharmaindustrie bezahlt worden?

Finde es heraus, in dem du deine Postleitzahl in folgendem Link eingibst: https://correctiv.org/recherchen/euros-fuer-aerzte/datenbank/

Ist sie? Ist er? Dann ist diese Transparenz ja eigentlich vorbildlich. Ich meine er oder sie könnte ja auch einfach unter der Hand schicke Geschenke annehmen. Aber wenn der Doktor ein paar Tausender von der Pharmaindustrie erhalten hat, dann könnte man ja mal nachfragen. Nicht, dass man seit Jahren schon ein Medikament einnimmt, welches aus (geld)fluiden Gründen in der Praxis als „alternativlos“ eingestuft wurde…

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„Die medizinische Wissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten so ungeheure Fortschritte gemacht, dass es praktisch keinen gesunden Menschen mehr gibt.“ – Aldous Huxley

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